Fehlstart für die Bank of England

(c) REUTERS (DYLAN MARTINEZ)
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Böse Überraschung für die britische Notenbank. Sie konnte dem Markt nicht so viel Geld zuführen wie geplant, da manche Investoren ihre Staatsanleihen nicht verkaufen wollen.

Wien/London.Die englische Notenbank hat Probleme mit ihrem Plan, künftig auch Staatsanleihen mit längerer Laufzeit zu kaufen, um die Konjunktur anzuregen. Völlig überraschend fanden die Notenbanker bei ihrer Ausweitung des Quantitative Easing Programms am Dienstagabend nicht genügend Marktteilnehmer, die ihre Anleihen verkaufen wollen. Der Bank of England (BoE) waren bei der Auktion nur Anleihen im Volumen von 1,12 Mrd. Pfund (1,32 Mrd. Euro) angeboten worden. Sie wollte aber für 1,17 Mrd. Pfund Bonds mit Laufzeiten von mehr als 15 Jahren kaufen.

Die Diskrepanz beläuft sich also nur auf rund 50 Mio. Pfund (rund 58 Mio Euro), ist aber trotzdem besorgniserregend. Noch nie hat eine Notenbank derart in ihrer Absicht versagt, dem Markt Liquidität zuzuführen. Das britische Pfund reagierte sofort und stieg nach einem Zwischentief am Dienstag wieder an. Gleichzeitig wurden die Renditen britischer Anleihen gedrückt. So sank die Verzinsung der 20-jährigen Bonds auf ein Rekordtief von 1,204 Prozent. Auch die Renditen der fünfjährigen, der zehnjährigen und der 30-jährigen Bonds-Papiere erreichten Allzeittiefs.

Diese Entwicklung der Renditen verstellt aber den Blick auf den wahrscheinlichen Grund dafür, dass die Marktteilnehmer sich weigern, ihre Anleihen an die Bank of England zu verkaufen: bei längerfristigen Staatsanleihen ist zumindest noch eine gewisse Rendite zu bekommen – und institutionelle Anleger wie Pensionsfonds sind auf sie angewiesen.

„Weiß Gott, was passiert“

„Man kann schon verstehen, warum die Investoren ihre langfristigen Bonds nicht loswerden wollen. Wenn man eine Rendite sucht, kann man sie nur dort finden“, sagte Jason Simpson, ein Analyst von Société Générale in London, der Nachrichtenagentur Bloomberg: „Dass das in der ersten Woche der neuen Maßnahmen passiert, ist aber schon überraschend. Weiß Gott, was nächste Woche passiert.“

Die Bank of England hat angekündigt, die ausgefallenen Käufe nicht kommende Woche aufzuschlagen, sondern erst im Winter – und dann gestaffelt – nachzuholen. Insgesamt will man 60 Mrd. Pfund zusätzlich in den Markt pumpen, was die Menge von Staatsanleihen auf der Bilanz der Notenbank auf 435 Mrd. Pfund aufblähen würde.

Der Aufkauf langfristiger Anleihen wird als Alternative zu negativen Einlagezinsen für die Banken gesehen, die von BoE-Chef Mark Carney abgelehnt werden. Allerdings blickt London jetzt neidisch nach Frankfurt, denn die Europäische Zentralbank ist mit ihrem Lockerungsprogramm, das auf negativen Zinsen beruht, bisher sehr zufrieden.

Konjunktur leidet unter Brexit

Ausgerechnet am Mittwoch hat die Bank of England auch ziemlich pessimistische Daten zur britischen Konjunktur veröffentlicht. Laut einer Umfrage der Notenbank hat sich das Wachstum bei Dienstleistungen im vergangenen Monat verlangsamt. Auch der Anstieg der Konsumausgaben sei schwächer geworden. Die Erhebung basiert auf Treffen von Notenbank-Vertretern mit Geschäftsleuten aus verschiedenen Regionen des Landes zwischen Ende Juni und Ende Juli.

Mit der Umfrage mehren sich die Anzeichen für eine Abkühlung der britischen Wirtschaft nach dem Brexit-Referendum. Die Erhebung zeichnet allerdings ein weniger düsteres Bild als der jüngste Einkaufsmanagerindex. Dieser war im Juli auf den niedrigsten Wert seit April 2009 abgestürzt. Die Ergebnisse spiegelten zum Teil schwächere Investitionen in Geschäftsimmobilien und Firmentransaktionen wider. Das geringere Wachstum bei den Verbraucherausgaben sei allerdings auch auf ungewöhnlich feuchtes Wetter zurückzuführen. (jil/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2016)

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