Norwegen sieht baldiges Ende von Diesel- und Benzinautos

NOR NORWEGEN AKSDAL 2016 6 11 Elektrofahrzeuge auftanken Elektro Tankstellen Im Areal des Aksd
NOR NORWEGEN AKSDAL 2016 6 11 Elektrofahrzeuge auftanken Elektro Tankstellen Im Areal des Aksd(c) imago/Ludwig Heimrath (imago stock&people)
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Norwegen plant zwar kein Verkaufsverbot von Benzin- und Dieselautos, setzt aber auf Anreize für die Alternativen. Ein Zulassungsstopp sei nicht notwendig.

Norwegen hat einen Medienbericht zurückgewiesen, wonach das Land einen Zulassungstopp für Autos mit Verbrennungsmotor plant. "Norwegen hat nicht vor, den Verkauf von Benzin- und Dieselautos ab 2025 zu verbieten", sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums am Dienstag in Oslo.

Die Regierung wolle vielmehr zum Kauf von umweltfreundlichen Fahrzeugen ermutigen und setze daher lieber auf Zuckerbrot als auf Peitsche. Die rasche Entwicklung neuer Technologien und Treibstoffe sorge ohnehin dafür, dass Autos mit Verbrennungsmotoren langfristig ersetzt würden. Ein Zulassungsstopp sei dazu nicht nötig.

Norwegen hat sich zum Ziel gesetzt, den Ausstoß von Neuwagen an klimaschädlichem Kohlendioxid 2020 im Schnitt auf 85 Gramm je Kilometer zu begrenzen. Bis zum Jahr 2050 streben die Nordeuropäer an, eine Gesellschaft mit besonders niedrigem CO2-Ausstoß zu werden.

Die Nachrichtenagentur dpa hatte berichtet, in Norwegen solle in weniger als zehn Jahren ein Zulassungsstopp für Autos mit Verbrennungsmotor gelten. Ab 2025 dürften keine neuen Benzin- und Dieselfahrzeuge mehr auf die Straßen kommen, sie sollten durch E-Mobile und andere alternative Antriebe ersetzt werden. Auch andere Verkehrsträger sollten umgekrempelt werden: So sollten nach 2030 alle neuen Schiffe und Fähren abgasfrei sein, im Flug- und im Schwerlastverkehr solle mehr Biotreibstoff eingesetzt werden.

Problem Reichweite

In Norwegen fahren 15 Prozent aller neu zugelassenen Personenwagen mit Strom. Und es sollen noch viel mehr werden. Norwegen, dank großer Öl- und Gasvorkommen reich geworden, gewinnt nahezu 100 Prozent seines Stroms aus umweltfreundlichen Quellen: Wasser und Wind.

Die Anschaffung von Elektroautos wird in Norwegen bereits seit Jahren massiv gefördert, mit Steuererleichterungen und Abgabenfreiheit. So fahren bereits 15 Prozent aller neu zugelassenen Personenwagen mit Strom. Die Maßnahmen haben den Verkauf der Stromer mächtig angekurbelt. Doch dem Staat sind damit geschätzt 2,3 Mrd. Kronen (rund 250 Mio. Euro) Steuern durch die Lappen gegangen, weshalb die Regierung nun in der Zwickmühle ist. Soll sie den Wandel weiter finanziell unterstützen oder sind die Tesla, VW und Nissan inzwischen auch ohne Zuschüsse attraktiv?

Das Hauptproblem der strombetriebenen Fahrzeuge ist die Batterie. Mit einem Nissan Leaf für rund 200.000 norwegische Kronen (21.800 Euro) kommt man ungefähr 200 Kilometer weit, der Tesla Model S für rund 900.000 Kronen muss nach 500 Kilometern an die Steckdose. Und die sind nicht immer so leicht zu finden.

Kaum Tankstellen

"Ich glaube nicht, dass Elektroautos die Zukunft sind", sagt der Autoverkäufer Hans-Petter Kleven. Der Volvo-Fachmann schätzt eher, dass Hybridautos und Wasserstoff-Fahrzeuge sich auf Dauer durchsetzen werden. "Man muss einfach zu viel planen mit einem Elektroauto. Das ist einfach nicht praktisch." Auch Nils Soedal vom Automobilclub NAF meint, bevor Norwegen die Autos mit Verbrennungsmotor verbannt, müsse noch einiges geschehen. "Es müssen noch mehr Ladestationen gebaut werden, vor allem für Wasserstofffahrzeuge."

Für die gebe es bis jetzt kaum Tankstellen. Außerdem müssten die Batterien der Stromer besser werden und größere Reichweiten zulassen. "Doch da bewegt sich was", ist Soedal sicher. Die Batterien würden immer leistungsfähiger. Nissan kündigte im Herbst an, die nächste Generation Leaf werde eine Reichweite von 500 Kilometern haben.

Streit um Steuervorteile

Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Umstellung auf umweltfreundliche Fahrzeuge gelingt, ist aber nach Ansicht des Verkehrsexperten, dass die steuerlichen Vorteile für Elektroautos bestehen bleiben. Dass dem Staat damit hohe Einnahmen verloren gehen, müsse man einfach akzeptieren.

Auch im Nationalen Transportplan wird empfohlen, dass Fahrzeuge mit geringen oder keinen Abgasen steuerlich gefördert werden. Doch die Regierung aus Konservativen und Liberalen plant bereits den Ausstieg. "Die vier nichtsozialistischen Parteien sind sich einig, dass die Steuervorteile für Null-Emissionsfahrzeuge nach 2017 schrittweise zurückgenommen werden", sagt Nikolai Astrup, der Leiter des Transportkomitees im Parlament.

Angedacht sei, die Kfz-Steuer ab 2018 wieder einzuführen und die Befreiung von der Mehrwertsteuer durch einen einmaligen Zuschuss zu ersetzen, der nach und nach reduziert wird. Die Freie Fahrt auf den Busspuren ist in einigen Städten bereits jetzt eingeschränkt. Ob Elektroautos weiter kostenlos parken können, sollen die Kommunen selbst entscheiden können. Im Frühjahr nächsten Jahres soll der Plan ins Parlament eingebracht werden.

VCÖ: Vorbild Norwegen

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) hatte die vermeintlichen Pläne bereits als vorbildhaft für Österreich und die EU bezeichnet, während die deutsche Automobilindustrie gegen die angeblichen Ziele zum Aus für Verbrennungsmotoren in Kraftfahrzeugen schon Sturm gelaufen war. Der VCÖ wies in einer Aussendung am Dienstag darauf hin, dass die Klimaziele von Paris bedeuten, dass spätestens ab dem Jahr 2050 weltweit der Verkehrssektor ohne Erdöl funktionieren müsse. Um dieses Ziel zu erreichen, brauche es für Neufahrzeuge auch in der EU die Festlegung eines Zeitpunktes, ab dem kein Neuwagen mehr mit Diesel- oder Benzin-Motor auf den Markt kommen darf.

(APA/dpa)

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