Nach dem Brexit: Das wiedergefundene Vertrauen

Die Stimmung unter europäischen Konsumenten dürfte sich trotz des Brexit-Schocks langsam bessern.
Die Stimmung unter europäischen Konsumenten dürfte sich trotz des Brexit-Schocks langsam bessern.(c) APA/AFP/PHILIPPE HUGUEN
  • Drucken

Österreichische wie deutsche Ökonomen sind sich einig: Das Anti-EU-Votum bringe vorerst keine Unruhe, die Stimmung unter Konsumenten und Analysten helle sich auf.

Wien/Berlin. Eine „spürbare Belebung der Wirtschaft über den Sommer“ ortet der Chefökonom der Bank Austria, Stefan Bruckbauer. Das lässt sich auch an dem am Dienstag veröffentlichten Konjunkturindikator seiner Bank ablesen: Dieser wurde aufgrund der verbesserten Konsumentenstimmung für Juli auf 1,0 Punkte, den höchsten Wert seit knapp zweieinhalb Jahren, angehoben.

Das britische Brexit-Referendum vom 23. Juni habe sich laut Bank-Austria-Volkswirten bisher nicht negativ niedergeschlagen. Sie prognostizieren aber dessen stärkste Auswirkungen auf Europas und Österreichs Wirtschaft auch erst für den kommenden Jahreswechsel. Ein wirtschaftlicher Sturm stehe nicht bevor – dennoch hielt die Bank an ihrem für 2017 prognostizierten sinkenden Wirtschaftswachstum fest: Im Euroraum werde das BIP-Wachstum im kommenden Jahr von 1,6 Prozent auf ein Prozent abnehmen, in Österreich von 1,5 Prozent auf 1,1 Prozent.

Vorsichtiger Optimismus

Auch die Analysten des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sehen vorerst keine dramatischen Auswirkungen des Votums auf die Konjunktur in Deutschland oder im Rest der Eurozone. Darauf deutet der vom ZEW jeden Monat veröffentlichte Stimmungsmesser hin, für den mehr als 200 Finanzmarktexperten befragt werden. Der Index gewann gegenüber Juli 7,3 Punkte und stieg damit von minus 6,8 auf 0,5 Punkte. Dennoch: Vom langfristigen Mittelwert von 24,2 Punkten sind die Zahlen weit entfernt. Und sie konnten auch den von Ökonomen für August prognostizierten Wert von 1,8 Punkte nicht erreichen.

„Nach wie vor erschweren vor allem politische Risken innerhalb und außerhalb der Europäischen Union einen optimistischeren Konjunkturausblick für Deutschland. Auch besteht weiterhin Unsicherheit bezüglich der Widerstandsfähigkeit des EU-Bankensektors“, so ZEW-Präsident Achim Wambach zum am Dienstag veröffentlichten Ergebnis. Laut ZEW legt unter Börsenanalysten auch das Vertrauen in die Konjunktur der Eurozone deutlich zu: Der Erwartungsindikator stieg im August um 19,3 Punkte auf 4,6 Punkte.

Die Deutsche Bundesbank dürfte mit den Ergebnissen zufrieden sein: Sie hält in ihrem aktuellen Bericht fest, dass die EZB weder für Deutschland noch für den Rest der Eurozone eine imminente Gefahr durch das Votum sieht. Das Risiko für Deutschland bliebe vorerst in „sehr engen Grenzen“. Ihre Analyse deckt sich mit dem Vorgehen der EZB, die bei ihrem Treffen Ende Juli, anders als die Bank of England zwei Wochen später, keine weitere Zinssenkung beschloss.

Leben auf der Insel wird teurer

Auf der britischen Insel selbst zieht die Inflation nach dem Votum an. Im Juli stiegen die Lebenserhaltungskosten um 0,6 Prozent. Erzeugerpreise legten gegenüber Juni um 0,3 Prozent zu. Das lasse darauf schließen, dass der Wechselkurseffekt die Importpreise für Hersteller antreibt, heißt es vom britischen Statistikamt. Ökonomen glauben, dass die Inflationsrate relativ schnell steigt. Anfang 2017 werde wohl das Notenbankziel von zwei Prozent erreicht, im weiteren Jahresverlauf die Drei-Prozent-Marke geknackt werden.

Londons Notenbank befürchtet, dass sich die Unsicherheit nach dem Referendum zunächst bei der Investitionstätigkeit niederschlagen wird, danach Verbraucher und den Arbeitsmarkt treffen könnte. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Bank-Austria-Ökonomen sehen Österreichs Wirtschaft im Aufwind

Wegen einer verbesserten Konsumentenstimmung kletterte der BA-Konjunkturindex auf ein Zwei-Jahres-Hoch.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.