VW und die Zulieferseite bestätigen die Einigung, die Firmen wollen wieder liefern. Die betroffenen VW-Standorte bereiten der Wiederaufnahme der Produktion vor.
Der Machtkampf zwischen VW und zwei wichtigen Zulieferern ist vorbei. Der Autobauer und die beiden Unternehmen der Prevent-Gruppe einigten sich am Dienstag in Wolfsburg und beendeten damit den beispiellosen Streit um die Lieferung von wichtigen Teilen für die Autoproduktion. Die Lieferanten würden die Belieferung von Volkswagen in Kürze wieder aufnehmen, sagte ein Volkswagen-Sprecher.
Auch die Zuliefererseite bestätigte die Einigung. Über die Einzelheiten vereinbarten VW und die Eastern Horizon Group, zu der die Lieferanten Car Trim GmbH und die ES Automobilguss gehören, allerdings Stillschweigen.
Nach Angaben von VW bereiten die betroffenen VW-Standorte die Wiederaufnahme der Produktion vor, das Thema Kurzarbeit dürfte sich für die Werke in Emden, Wolfsburg, Kassel und Zwickau somit rasch wieder erledigen. Zum genauen Zeitplan äußerte sich VW aber zunächst nicht.
Weil kritisiert Zulieferer
VW-Aufsichtsrat und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sagte, es sei gut, dass nun eine Einigung erfolgt sei. Er freue sich für die Beschäftigten, die nun wieder an ihre Arbeitsplätze zurück könnten. "Sie sind in den letzten Tagen Opfer eines Konfliktes geworden, der ohne Not auf ihrem Rücken ausgetragen worden ist", sagte der SPD-Politiker in Hannover - und kritisierte nochmals das Vorgehen der beiden Zulieferer. Die beiden Firmen hätten stattdessen einen Großkonflikt mit beträchtlichen Schäden eröffnet. "Dieses Beispiel darf keine Schule machen", sagte Weil.
Zwischen Volkswagen und den beiden wichtigen Teilezulieferern tobte seit Tagen ein Streit um die Kündigung von Aufträgen. Die Hintergründe sind unklar. Wegen des Lieferstopps standen bei dem Autobauer viele Bänder still: Der Konzern wartet auf Getriebeteile und Sitzbezüge von den Zulieferern ES Automobilguss und Car Trim, die zur Unternehmensgruppe Prevent gehören.
Knapp 28.000 Mitarbeiter betroffen
Wegen des Streits konnten laut VW insgesamt 27.700 Mitarbeiter in mehreren Werken nicht so arbeiten wie geplant. Allen voran stand im Stammwerk Wolfsburg die Produktion des wichtigsten VW-Modells Golf still. Der Autobauer sprach von "Flexibilisierungsmaßnahmen bis hin zu Kurzarbeit", die nötig seien, um den Ausfall der Lieferungen auszugleichen. Die Zulieferer-Branche befürchtete Auswirkungen auch auf andere Lieferanten. Die deutsche Regierung hatte am Montag eine Lösung angemahnt - der Streit war ohne Beispiel gewesen.
Bei der Firma ES Automobilguss in Schönheide im Erzgebirge war für diesen Dienstag zudem eine Betriebsversammlung geplant. Daraus erhofften sich die Arbeitnehmervertreter Antworten auf die vielen Fragen zur Zukunft des Zulieferers.
Volkswagen hatte neben der Verhandlungslösung auch immer betont, notfalls auf gerichtlichem Wege eine Herausgabe der Teile zu verlangen. Das Landgericht Braunschweig hatte einstweilige Verfügungen erlassen, welche die Lieferanten zur Wiederaufnahme der Belieferung verpflichten. Diesen Weg muss VW nun nicht mehr gehen.
Aufatmen bei Zulieferbranche
Die Einigung bringt einer ganzen Branche Erleichterung. "Das ist ein gutes Signal für den Automobilstandort Deutschland", sagte Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer vom Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall, am Dienstag in Hannover. "Unsere Zulieferer haben mit großer Erleichterung auf die Einigung reagiert."
"Jetzt herrscht Planungssicherheit", sagte Schmidt. "Es ist wichtig, dass sich die Partnerschaft an einem fairen Ausgleich orientiert und keine Seite überfordert wird." In der Autobranche ist der Wettbewerbsdruck hoch: Die Konzerne fordern von ihren Zulieferern regelmäßig Preisnachlässe - besonders große Hersteller, die viele Millionen Fahrzeuge produzieren, können ihre Marktmacht ausspielen. Umgekehrt sind die Autobauer von ihren Lieferanten abhängig, denn rund drei Viertel der Teile stammen nicht von demjenigen Konzern, der seine Marke auf die Motorhaube montiert.
Finanzaufsicht prüft
Indes nimmt die BaFin die Kommunikation von Volkswagen über den Zwist mit den Lieferanten unter die Lupe. "Wir schauen uns an, ob im Zusammenhang mit den Streitigkeiten mit den Zuliefern und dem daraus folgenden Produktionsstopp eine veröffentlichungspflichtige Insider-Tatsache vorlag, die VW per Ad-hoc-Mitteilung hätte herausgeben müssen", sagte eine BaFin-Sprecherin am Dienstag.
Volkswagen hatte über den Streit und seine Folgen nach Medienberichten in einer Pressemitteilung informiert, jedoch nicht in einer Ad-hoc-Mitteilung an die Märkte. VW habe keine Kenntnis von der BaFin-Untersuchung, erklärte das Unternehmen. "Wir sind der Auffassung, unsere kapitalmarktrechtlichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt zu haben."
(APA/Reuters/dpa)