VW-Affäre: Hundesteuer erhöht, Baukindergeld gestrichen

Volkswagen Werk Wolfsburg
Volkswagen Werk WolfsburgAPA/dpa/Julian Stratenschulte
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VW-Standorte müssen teils drastische Einbußen bei der Gewerbesteuer verkraften. Nun greifen zahlreiche deutsche Stadtkämmerer zum Rotstift.

In Wolfsburg, dem Stammsitz von Volkswagen, müssen Hundehalter künftig mehr zahlen: Die Steuer für den ersten Hund steigt um 20 Prozent auf 96 Euro. Für einen zweiten oder dritten Hund ziehen die Steuern sogar um 24 Prozent an auf 144 und 168 Euro. Doch die Dieselkrise bei Volkswagen sorgt nicht nur in Wolfsburg für Kopfzerbrechen, sondern auch zahlreichen anderen deutschen Stadtkämmerern beschert die VW-Krise Sorgen. Wegen Verlusten bei Europas größtem Autobauer bricht den betroffenen Kommunen ein Großteil ihrer Einnahmen weg.

Die Gewerbesteuer ist neben der Lohn- und Einkommenssteuer die tragende Säule der Gemeindefinanzen. Rund 42 Prozent des Steueraufkommens für die Gemeinden entfiel mit netto 38,4 Milliarden Euro im vergangenen Jahr auf die Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuer muss von Gewerbebetrieben gezahlt werden und ist eine kommunale Steuer. Bemessungsgrundlage ist im Wesentlichen der Gewerbeertrag, also der Gewinn.

VW-Standorte waren privilegiert

Wie viel Gewerbesteuer welcher Standort von VW erhält, weiß man nicht. Aufgrund des Steuergeheimnisses machen die Kommunen keine genauen Auskünfte. Das Prozedere ist aber so: Laut Gewerbesteuergesetz muss der Volkswagen-Konzern seine für die Gewerbesteuer relevanten Erträge nach den Arbeitslöhnen aufteilen, die auf den Standort entfallen. Dabei sind die Arbeitslöhne bei 50.000 Euro je Mitarbeiter gedeckelt, damit nicht Orte bevorzugt werden, an denen vor allem ranghohe Manager ihr Geld verdienen.

Volkswagen betreibt in Deutschland zahlreiche Fabriken, die Bauteile oder Fahrzeuge produzieren. Die Städte und Gemeinden mit einem VW-Standort waren über Jahre privilegiert: Weil das Geschäft gut lief für den Autobauer, sprudelten auch die Gewerbesteuer-Einnahmen der Kommunen. Das hat sich mit Beginn der Abgasaffäre aber wesentlich geändert. Während die Kommunen in Deutschland insgesamt Rekordeinnahmen melden, müssen VW-Standorte teils drastische Einbußen verkraften.

Baukindergeld gestrichen

Besonders stark betroffen ist der Porsche-Entwicklungsstandort Weissach in Baden-Württemberg, wie „Spiegel-Online“ berichtet. Hatte der Ort 2015 noch fast 40 Millionen Euro an Einnahmen aus der Gewerbesteuer zu verzeichnen, kalkuliert die Gemeinde für heuer nur noch mit 1,5 Millionen Euro - wegen des Komplettausfalls der VW-Gewerbesteuern. Die Folgen spüren die Einwohner von Weissach deutlich: Das Baukindergeld für Familien wurde gestrichen - 5000 Euro je Kind gab es einmal. Diese Zulage erhält man für jedes zum Haushalt gehörende Kind, für das der Bauherr oder sein Ehegatte Kindergeld erhält. Eine Urnenbestattung in der Erde kostet in Weissach statt bisher 145 nun 420 Euro.

Auch die ostfriesische Hafenstadt Emden mit dem VW-Passat-Werk ist besonders betroffen. Die Stadt fahre einen "straffen Konsolidierungsplan", berichtet Pressesprecher Eduard Dinkela. Sparmaßnahmen sollen der 50.000-Einwohner-Stadt knapp 19 Millionen Euro bringen. 25 Stellen in der Verwaltung sollen abgebaut werden. Die Eltern müssen in Zukunft 25 Prozent der Kita-Beiträge zahlen, bislang waren es 15 Prozent.

Gewerbesteuer

Der Gewerbeertrag, also der Gewinn, wird mit der sogenannten Gewerbesteuermesszahl von 3,5 Prozent multipliziert, um zum Steuermessbetrag zu kommen. Auf diesen können die Gemeinden individuelle Hebesätze anwenden. In Berlin beträgt dieser 410 Prozent, in Duisburg 510.

Beispiel: Erzielt ein Gewerbebetrieb einen Gewinn von 100.000 Euro, ergibt sich ein Steuermessbetrag von 3500 Euro. In Duisburg führt das mit dem Hebesatz von 510 Prozent multipliziert zu einer Gewerbesteuerlast von 17.850 Euro.

>> Bericht auf "Spiegel-Online"

(APA/dpa/red.)

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