USA fürchten Steuertransfer in Richtung Europa
Wien.Sehr verstimmt reagierte das Weiße Haus in Washington auf die Entscheidung von Margrethe Vestager. Die EU-Wettbewerbskommissarin gab am Dienstag in Brüssel ja bekannt, dass der Technologiekonzern Apple Steuern in Höhe von 13 Mrd. Euro plus Zinsen an Irland nachzahlen müsse. Diesen Betrag habe sich Apple mit einem rechtswidrigen Steuerdeal mit dem EU-Staat nämlich erspart, und das sei unzulässig.
Die Entscheidung der EU-Kommission könne zu einem Steuertransfer von den USA nach Europa führen, kritisierte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, Dienstag Abend. Wenn Apple nun nämlich in Irland 13 Milliarden Euro an Steuern zu berappen hat, könne der US-Konzern genau diesen Betrag möglicherweise von der Steuerlast in den USA absetzen. Dabei gebe es doch gemeinsame Versuche der USA und der Europäer, die internationale Besteuerung fair zu gestalten, betonte er.
Diese Versuche würden jetzt durch „einseitige Ansätze“ untergraben: „Wir haben kein Interesse daran, ein unfaires System aufrechtzuerhalten, das negative Effekte auf die europäische Wirtschaft hat“, so Earnest. „Aber wir wollen nur etwas, was fair ist.“ Die Regierung von Präsident Barack Obama werde für US-Unternehmen und ihre faire Behandlung im Ausland kämpfen. Besonders irritiert ist man, dass vor allem US-Firmen im Fokus der Kommission stehen. Starbucks wurde schon zu einer Rückzahlung von 30 Millionen Euro aufgefordert. Es hatte in den Niederlanden einen ähnlichen Steuerdeal vereinbart wie Apple in Irland. Aber auch die Steuerpraktiken von McDonald's und Amazon werden in Brüssel unter die Lupe genommen.
Genug Cash ist da
Für Apple ist die Nachzahlung schaffbar, aber unangenehm. Die Cash-Reserven belaufen sich zwar auf 230 Mrd. Dollar, der Großteil davon liegt aber noch auf ausländischen Konten und ist teils noch nicht versteuert. Will der Konzern nun das Geld in die USA transferieren (die Steuernachzahlung müsste über die US-Zentrale erfolgen), würden dort zwischen 35 und 40 Prozent an Steuern anfallen. Die Reserven im Ausland in Höhe von 210 Mrd. Dollar würden damit mit einem Schlag auf etwa 135 Mrd. Dollar schmelzen. Noch ist die Entscheidung aber nicht rechtskräftig. (hec/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2016)