Ölpreis erneut unter Druck

Die Produktion läuft auf Hochdruck.
Die Produktion läuft auf Hochdruck. (c) AFP
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Die schwache Weltkonjunktur dämpft die Rohöl-Nachfrage, gleichzeitig drehen die Produzenten den Ölhahn weiter auf.

Paris/London. Das Zeitalter des billigen Öls wird offenbar deutlich länger dauern als bisher angenommen: In der nächsten Zeit wird eine sinkende Nachfrage auf steigende Ölproduktion stoßen, was den zuletzt etwas gestiegenen Ölpreis wieder stark unter Druck bringen dürfte, prophezeien die Internationale Energieagentur (IEA) und die Organisation erdölproduzierender Länder (Opec) unisono.

Der Ölpreis reagierte auf diese Nachricht erwartungsgemäß: Er gab erneut um rund 1,5 Prozent nach. Ein Barrel (159 Liter) der hochwertigen und teuren Erdölsorte Brent Light kostete am Dienstag nur noch 47,3 Dollar, nachdem der Preis in den vergangenen Wochen schon an der 50-Dollar-Grenze gekratzt hatte. Der Ölpreis war zuletzt nämlich bereits wieder auf dem Weg nach oben gewesen, nachdem er von mehr als 100 Dollar im Jahr 2014 auf zeitweise unter 30 Dollar abgestürzt war.

China hat weniger Öldurst

Die in Paris angesiedelte IEA geht in ihrer am Dienstag veröffentlichten jüngsten Prognose nun davon aus, dass der Welt-Erdölverbrauch heuer bei 96,1 Mio. Barrel pro Tag liegen wird. Das entspräche einem Zuwachs von 1,3 Mio. Fass pro Tag gegenüber dem Vorjahresschnitt. Bisher hatte die Organisation einen Zuwachs von 1,4 Mio. Barrel pro Tag angenommen.

Begründet wird die Rücknahme der Prognose mit „wirtschaftlichen Unsicherheiten“. Die wirtschaftliche Lage in China und Indien – beides Großverbraucher von Erdöl – habe sich stärker als erwartet eingetrübt. 2017 dürfte sich das Wachstum in dieser Region noch weiter abbremsen, heißt es.

Während also der Absatz weniger stark als erwartet wächst, wird die Produktionsmenge deutlich ausgeweitet. Die IEA sieht die Ursache dafür vor allem in starken Produktionsausweitungen in den Opec-Ländern. Es sei „möglich, dass sich diese Angebots-Nachfrage-Dynamik in den kommenden Monaten nicht deutlich verändert“, heißt es in dem IEA-Bericht. Zumindest im ersten Halbjahr 2017 werde das Angebot die Nachfrage übersteigen, weshalb ein Marktgleichgewicht noch lang nicht in Sicht sei.
Die Opec sieht das ähnlich, sieht die Schuld aber außerhalb ihres Kartells: Die Nichtmitglieder würden 2017 mehr fördern als bisher angenommen, heißt es im jüngsten Monatsbericht.

Grund für diese Opec-Befürchtungen liefert unter anderem ein riesiges Ölfeld in Kasachstan, dessen Ausbeutung demnächst beginnen wird. Außerdem wurde die teure Schieferölproduktion in den USA vom Preisverfall der vergangenen Jahre bei Weitem nicht so stark getroffen, wie ursprünglich vermutet worden war.

Auf dem Rohstoffmarkt nahm die Furcht vor einer Ölschwemme zuletzt wieder zu. Genährt wurden die Spekulationen von der zunehmenden Fördertätigkeit in den USA. Nach Angaben des US-Ölausrüsters Baker Hughes ist die Zahl der Bohrlöcher in den USA zuletzt um sieben auf 414 gestiegen. Seit Ende Juni ist die Zahl der Bohrlöcher nicht mehr gesunken. In diesem Zeitraum wurden 84 Fördereinrichtungen in Betrieb genommen. Einen solch langen Zeitraum ohne einen Rückgang der Ölbohrungen habe es zuletzt vor fünf Jahren gegeben, hieß es in einer Einschätzung von Rohstoffexperten der Commerzbank.

Der relativ starke Anstieg der Bohrlöcher deutet auf ein höheres Angebot an Rohöl hin und belastet die Preise. Hinzu kommt, dass die US-Lagerbestände an Rohöl im langfristigen Vergleich weiterhin sehr hoch sind. Kurzfristig spreche also vieles für einen weiteren Rückgang der Ölpreise, so die Commerzbank. (red./ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2016)

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