Weltbank: Dacapo aus Desinteresse

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FILES-US-WORLDBANK-MANAGEMENT-KIM(c) APA/AFP/NICHOLAS KAMM
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Intern angefeindet, extern bestätigt: Kim bleibt mangels Konkurrenz Chef der Weltbank. Auch die Schwellenländer nicken den Amerikaner ab, weil sie seine Gelder nicht mehr brauchen.

Wien/Washington. Wie anders lief es vor vier Jahren! Ein frischer Wind durchwehte die Weltbank. Erstmals war bei der Wahl eines Präsidenten für den größten Geldgeber der Entwicklungsländer die amerikanische Dominanz bedroht: Gegen Jim Yong Kim, den Kandidaten der US-Regierung, traten ein Nigerianer und ein Kolumbianer an. Am Ende machte zwar mit Kim wieder ein männlicher US-Bürger das Rennen (der Gesundheitsexperte wurde zwar in Südkorea geboren, wuchs aber in den Staaten auf). Doch der Geist der Revolte pflanzte sich intern fort: Erst im August machte eine Art Betriebsrat der 15.000 Mitarbeiter gegen eine Wiederwahl ihres Chefs mobil und warf ihm öffentlich Führungsschwäche vor. Der Affront versprach ein spannendes Ringen um das nächste Mandat ab Juli 2017.

Doch weit gefehlt: Die Regierung Obama nominierte wieder Kim, und niemand wollte gegen ihn antreten. Mittwochnacht endete die Frist, womit die zweite Amtszeit gesichert ist. Auch die großen Schwellenländer China, Indien und Brasilien nickten Kim ab. Aus Überzeugung? Wohl eher aus Desinteresse. Denn die Weltbank hat an Macht und Einfluss eingebüßt. Dahinter steckt eine gute Nachricht: Die Institution soll die bittere Armut weltweit bekämpfen, und diese Armut ist auf dem Rückzug. In Asien und Lateinamerika haben sich Hunderte Millionen Menschen aus ihr befreit, vor allem durch verstärkten weltweiten Handel im Rahmen der Globalisierung. Damit verliert die Weltbank ihre besten Kunden: Das Gros ihrer Kredite und Zuschüsse floss früher nach Indien, Brasilien und China.

Peking als Konkurrent

Vor allem China hat längst genügend Mittel, um selbst als Geldgeber in Entwicklungsländern auftreten zu können. Mit der Brics-Bank und der Asiatischen Infrastruktur-Investmentbank forciert Peking Institutionen, die der Weltbank Konkurrenz machen – zumal in jenem Erdteil, der nach wie vor Hilfe von außen braucht: Afrika. Aber auch private Kredite sind für arme Staaten so leicht zu haben wie noch nie: Die Zinsen sind niedrig, und in reichen Ländern türmen sich Geldvermögen, die auf rentable Anlagemöglichkeiten warten.

Kim hat deshalb die Strategie der Weltbank geändert. Statt sich bestimmte Staaten vorzunehmen, fokussiert er auf länderübergreifende Themen: Vorsorge gegen Pandemien, Klimawandel, Kindersoldaten und Flüchtlingsströme. Beim Small Development geht es um schnelle Hilfe vor Ort, weniger um den Aufbau von besser funktionierenden Strukturen. Afrikanische Regierungen sind immer weniger bereit, sich Wohlverhalten vorschreiben zu lassen. Um Geld für einen Staudamm zu bekommen, sollten sie bisher Korruption bekämpfen und den Rechtsstaat stärken. Von China bekommen sie nun Kredite ohne solche Auflagen. Kim hat darauf auch in anderer Form reagiert: durch neue Richtlinien für die Mittelvergabe. Gelder sollen schneller und flexibler fließen. Das ruft Umweltschützer und Menschenrechtsorganisationen auf den Plan. Einfluss wahren, ohne die Standards allzu sehr aufzuweichen: Ob seine Weltbank diesen Spagat schafft, hat Kim bisher noch nicht bewiesen.

Obamas verdächtige Eile

Der Unmut der Mitarbeiter hat aber eher handfeste Gründe: Kim rührt intern kräftig um, mit Sparmaßnahmen und Neubesetzungen. „Um wirklich etwas zu verändern, muss man Jobs aufs Spiel setzen“, schrieb er jüngst in einem Gastbeitrag, „und es ist völlig verständlich, dass die Leute das hassen“. Mit seiner Verlängerung hatte es die US-Regierung übrigens verdächtig eilig: Sie verkürzte die Nominierungsfrist von fünf auf drei Wochen. Der Hintergrund: Die Personalie muss vor der US-Präsidentenwahl erledigt sein. Kim ist ein Kandidat der Demokraten. Hillary Clinton brachte ihn als Außenministerin 2012 ins Spiel, mit Obama geht er golfen. Auf Donald Trump könnte er nicht zählen.

Wegen der Republikaner konnte Obama auch nicht auf einen US-Kandidaten verzichten: Wäre die Weltbank an einen „Fremden“ gegangen, hätten sie wohl Mittel blockiert. Dass Trump von internationalen Institutionen nichts hält, betont er jeden zweiten Tag. Freilich: Was in Afrika an Einfluss verloren geht, gewinnt dort Peking dazu. Weshalb der Westen die Weltbank auch morgen noch braucht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2016)

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