Erbschaftssteuer: Schweres Erbe für deutsche Unternehmer

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Nach zähen Verhandlungen und einer Drohung des Bundesverfassungsgerichts einigten sich Bund und Länder auf eine Reform: Betriebserben werden in Deutschland weiter begünstigt, aber mit verschärften Auflagen.

Berlin. Wie viel Steuer sollen Firmenerben bezahlen? Seit das Bundesverfassungsgericht Ende 2014 eine „grundgesetzwidrige Überprivilegierung von Betriebserben“ festgestellt hat, wird in Deutschland über diese Frage gestritten.

Fast zwei Jahre später haben sich Bund und Länder auf eine Reform der Erbschaftssteuer geeinigt – und zwar im letzten Moment, am späten Mittwochabend. Davor hatte das Verfassungsgericht gedroht, den Fall nächste Woche erneut an sich zu ziehen. Denn die erste Frist – Ende Juni 2016 – hat die Politik bereits verstreichen lassen.

Durch die Reform, die im Vermittlungsausschuss des Bundestages zwischen CDU, SPD, Grünen und Linkspartei paktiert wurde, werden Firmenerben weiter steuerlich begünstigt, wenn sie das Unternehmen längere Zeit fortführen und Arbeitsplätze erhalten. Allerdings wurden die Auflagen erhöht.

Finanziell überforderte Erben können die Steuer künftig nicht mehr für zehn Jahre zinslos stunden, sondern nur noch für sieben Jahre. Und ab dem zweiten Jahr werden Zinsen fällig. Bei großen Betriebserbschaften ab 26 Millionen Euro wird es ein Wahlrecht geben: Entweder der Erbe begleicht die Steuerschuld aus seinem Privatvermögen oder der Steuererlass wird abgeschmolzen. Bei 90 Millionen entfällt er dann ganz. Außerdem wird es nicht mehr möglich sein, private Vermögenswerte wie Gemälde oder Oldtimer in das Betriebsvermögen zu verschieben.

Politisch war besonders die Frage der Unternehmensbewertung umstritten, da die aktuell niedrigen Zinsen zu stark erhöhten Ergebnissen führen: Statt mit dem 18-Fachen sollten Firmen in Zukunft maximal mit dem 12,5-Fachen ihres Jahresgewinns taxiert werden. Weil das aber die Steuerlast deutlich senken würde, legten SPD, Grüne und Linke ein Veto ein. Am Ende verständigte man sich auf einen unwesentlich höheren Faktor, nämlich 13,75.

Hält dieser Kompromiss?

Der Vorsitzende des Vermittlungsausschusses, Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), fasste nach der Sitzung zusammen, worum es in erster Linie ging: Es wäre „ein schlechtes Zeichen“, wenn das Bundesverfassungsgericht etwas regeln müsse, wozu der Gesetzgeber nicht in der Lage sei. Auch CSU-Chef Horst Seehofer kann mit diesem Ergebnis leben: „Ich bin zufrieden, sogar sehr zufrieden“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Der FDP-Politiker Volker Wissing äußerte jedoch Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Kompromisses. Er gehe davon aus, dass auch diese Regelung aufgehoben werde, so der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister im ARD-„Morgenmagazin“.

Der Reform müssen jedenfalls noch Bundestag und Bundesrat zustimmen. Möglicherweise geschieht das noch am heutigen Freitag, in einem Eilverfahren. Die Erbschafts- und Schenkungsteuer spült jedes Jahr fünf bis sechs Milliarden Euro in die Staatskasse. Das ist nicht einmal ein Hundertstel des gesamten Steueraufkommens. Die Einnahmen stehen allein den Ländern zu.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2016)

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