Diese Woche könnte die angeschlagene Fluglinie zum Teil verkauft werden. Die heimische Tochter Niki soll an Tuifly gehen und zu einem reinen Ferienflieger werden.
Wien/Berlin. Morgen, Mittwoch, tagt der Aufsichtsrat der deutschen Lufthansa. Die Entscheidungen, die an diesem Tag in Frankfurt getroffen werden, dürften auch für Österreich gravierende Auswirkungen haben. Betroffen wird aller Voraussicht nach aber nicht nur die heimische Lufthansa-Tochter AUA sein, für die eine Neuausrichtung der Strategie erwartet wird. Vielmehr könnte sich auch die Zukunft von AUA-Konkurrent Niki im Aufsichtsrat der Lufthansa entscheiden.
Denn Thema im Lufthansa-Aufsichtsrat wird laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ auch der bereits im Sommer bekannt gewordene Plan („Die Presse“ berichtete) sein, wonach die Lufthansa-Billigtochter Eurowings 40 Jets samt Belegschaft und zugehöriger Strecken der Air Berlin übernimmt. Passiert dies, ist auch ein anderer Schritt zur Redimensionierung der konstant Verluste schreibenden Fluglinie sehr wahrscheinlich: der Verkauf von Niki an den deutschen Ferienflieger Tuifly.
Eine Milliarde zugeschossen
Hintergrund des Ganzen ist der Plan von Air-Berlin-Hauptaktionär Etihad, die schwer defizitäre Fluglinie zu retten. Die Airline aus Abu Dhabi, die in den vergangenen Jahren bereits über eine Milliarde Euro in die Air Berlin gesteckt hat, will, dass sich das Unternehmen auf die Standorte in Berlin und Düsseldorf sowie auf die dazugehörigen Strecken konzentriert. Durch die Verkäufe würde Deutschlands zweitgrößte Fluglinie die Hälfte ihrer Flotte loswerden. Zudem sollen – vor allem in der Verwaltung – Arbeitsplätze abgebaut werden. Rund 1000 der 8600 Mitarbeiter sollen ihren Job verlieren. Bei Air Berlin, Niki, Tui oder der Lufthansa wollte man den Bericht am Dienstag nicht kommentieren.
Auch beim Flughafen Wien will man „über die aktuellen Entwicklungen nicht spekulieren“. Klar ist jedoch, dass Niki für den größten heimischen Airport äußerst wichtig ist. Mit 2,4 Millionen Personen stammten im Vorjahr 10,6 Prozent des gesamten Passagieraufkommens in Schwechat von Niki. Weitere 1,5 Millionen Passagiere (6,4 Prozent) brachte Air Berlin nach Wien. Zum Vergleich: Die AUA kam 2015 auf 10,4 Millionen Passagiere (45,6 Prozent) und die Lufthansa auf 900.000 (3,9 Prozent).
Vor allem für die heimische Tourismuswirtschaft ist Niki sehr wichtig, so Felix König, Sprecher der heimischen Reisebüros. Die Air-Berlin-Tochter änderte seit dem Komplettausstieg von Niki Lauda im Jahr 2011 ja sukzessive ihre Strategie und konzentriert sich neben dem Deutschland-Verkehr vor allem auf Tourismusstrecken im Mittelmeerraum, die von der AUA nicht bedient werden. Insofern wurde zuletzt auch die Stimmung zwischen den beiden heimischen Carriern besser.
Kaum Änderungen erwartet
Ob sich daran nach einem möglichen Verkauf an Tuifly etwas ändern würde, ist offen. Bei der heimischen Dependance der Reiseveranstaltermutter Tui geht man nicht davon aus. „Wir arbeiten sehr gut mit Niki und AUA zusammen.“ Und dies dürfte auch in Zukunft so sein, heißt es. Und auch bei der AUA soll man über einen möglichen Einstieg von Tuifly nicht unglücklich sein. Andernfalls wäre nämlich die Chance hoch, dass eine Billiglinie wie Ryan-Air die frei werdenden Strecken aufgreift. Und die Iren sind bekannt dafür, sehr aggressiv in Konkurrenz zu den etablierten Fluglinien zu gehen.
Diese Aggressivität der echten Low-Cost-Carrier hat Air Berlin in seiner Geschichte immer vermissen lassen. Die Fluglinie hadert schon seit Jahren damit, weder zu den etablierten Linien noch zu den wirklichen Billiganbietern zu gehören. Seit dem Börsengang im Jahr 2006 machte Air Berlin nur ein einziges Mal Gewinn. In den vergangenen drei Jahren hat das Unternehmen Verluste von insgesamt 1,2 Mrd. Euro angehäuft.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2016)