Iran: "Der Euro ist unsere wichtigste Handelswährung"

Walliollah Sejf
Walliollah Sejf Die Presse (Valerie Voithofer)
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Der iranische Notenbankchef wirbt in Wien um Unterstützung. Im internationalen Handel setzt Teheran längst auf Euro statt Dollar.

Der iranische Notenbankchef Walliollah Sejf ist in dieser Woche zu Gesprächen in Wien. An die herrschende Landeswährung muss er sich nicht erst gewöhnen, denn der Iran setzt seit dem Ende der westlichen Sanktionen gegen das Land voll auf den Euro: „Der Euro ist unsere wichtigste Handelswährung, weil wir in US-Dollar nicht handeln“, sagte Sejf bei einem Gespräch mit der „Presse“ in der Iranischen Residenz in Wien.

Hintergrund für die Euro-Begeisterung in Teheran ist freilich, dass die Beziehungen zwischen dem Iran und den USA auch nach dem offiziellen Ende der Sanktionen und dem Abschluss des Abkommens zur Begrenzung des iranischen Atomprogramms (JCPOA) frostig sind. Washington gibt den iranischen Banken nur zögerlich Zugang zum internationalen Finanzsystem. Teheran will sich aber auch nicht von der Währung des ehemaligen Erzfeindes abhängig machen.

Für die oft kritisierte europäische Gemeinschaftswährung ist das Vertrauen des Iran ein Etappensieg. Denn erstmals seit dem Ende des zweiten Weltkriegs nutzt ein wichtiger Ölproduzent eine andere Währung als den Dollar. Der Iran hat sein Fördervolumen zuletzt auf etwa das Level von vor den Sanktionen heben können: 3,5 Millionen Barrel pro Tag werden gepumpt – und gegen Euro verkauft. „Wir erhalten die Erlöse aus dem Ölgeschäft in Euro. Von praktisch allen Ländern, also auch Japan, Indien und Korea.

Die einzige Ausnahme ist China“, so Sejf. Mit Peking handelt man freilich auch nicht in Dollar, sondern in Yuan. Dennoch kritisiert Sejf, dass die USA den Zugang zu den Dollar-Märkten für die iranischen Banken weiterhin erschweren. Der iranische Staat brauche keine Dollar, erklärt er: „Aber die Banken brauchen Zugang zu diesem Markt.“ Aus der Sicht des iranischen Notenbankchefs erfüllen die USA ihren Teil des JCPOA-Deals nicht vollständig.

„Banken fühlen sich bedroht“

Das führt wiederum auch zu Problemen bei der Wiederherstellung von Handelsbeziehungen mit anderen Ländern und deren Banken. Denn der US-Dollar ist so etwas wie das Betriebssystem der Finanzwelt. Staaten können untereinander in ihren eigenen Währungen handeln. Aber Firmen und Privatpersonen müssen bei internationalen Geschäften an die Währungsmärkte. „Und dort muss man Dollar angreifen“, sagt Sejf.

Wegen der anhaltenden Spannungen zwischen Washington und Teheran zeigen sich auch viele europäische Banken bei Iran-Geschäften weiter zurückhaltend – man will keine Probleme für das US-Geschäft riskieren. Wichtige europäische Banken würden sich bedroht fühlen und deshalb nur zögerlich auf den iranischen Markt zurückzukehren. Das war auch bei den Gesprächen in Wien Thema, an denen neben Sejf auch Nationalbankchef Ewald Nowotny, Finanzminister Hans-Jörg Schelling, sowie Vertreter von Kontrollbank und den großen Geschäftsbanken teilgenommen haben. Laut Bloomberg waren Erste Group, Bank Austria und RBI anwesend.

Der grundsätzliche Zweck des Gesprächs war „die Wiederaufnahme der guten Beziehungen zwischen Unternehmen und Banken beider Länder“, heißt es aus der Nationalbank. Aber für Teheran ging es um mehr: Man will, dass Europa seinen Einfluss in Washington nützt. Die Europäer sollen „helfen, den US-Behörden zu erklären, dass sie auch ihren Teil des Deals erfüllen müsse“, so Sejf.

Projekte mit Österreich stocken

Für Österreich hatte der iranische Notenbankchef nur lobende Worte. Zwischen den beiden Ländern herrsche „reger Austausch“. Schon vor und während der Sanktionen habe es gute Beziehungen zwischen Wien und Teheran gegeben. Auch die Kontrollbank bestätigt großes Interesse heimischer Unternehmen an Geschäften mit dem Iran.

Nach dem Ende der Sanktionen sei es zum Abschluss einer ganzen Reihe von Projekten in den Sektoren Energie, Gesundheit und Landwirtschaft gekommen, so Sejf. Doch diese Projekte würden jetzt stocken, da die Sanktionsdrohungen der USA nicht aufgehoben seien und die Rechtssicherheit fehle.

Auf einen Blick

Walliollah Sejf, der Präsident der Notenbank des Iran, ist derzeit für Gespräche in Wien. Im Interview mit der „Presse“ erklärt er, warum sein Land für den Ölhandel auf den Euro setzt. Außerdem wirbt Sejf um Unterstützung der Europäer, denn die USA bauen die Sanktionsschranken nach dem Atom-Deal nur zögerlich ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2016)

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