Commerzbank in der Krise

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GERMANY-BANKING-RESTRUCTURING-COMMERZBANK(c) APA/AFP/dpa/FRANK RUMPENHORST
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Die zweitgrößte Bank des Landes streicht fast 10.000 Jobs und zahlt ihren Aktionären vorerst nichts mehr. Einer davon ist der Staat.

Berlin/Frankfurt. Am Ende sollte es für die Mitarbeiter noch schlimmer kommen als befürchtet: Man wusste seit Tagen, dass die Commerzbank in großem Umfang Arbeitsplätze abbauen wird. Aber nicht, dass jede fünfte Stelle entfällt.

Am Donnerstag wurden die Aktionäre der zweitgrößten deutschen Bank über die Pläne informiert, die der Vorstand mit Beratern von McKinsey geschmiedet hatte. Konkret sollen – bis ins Jahr 2020 – 9600 von 45.000 Vollzeitjobs gestrichen werden. Vorausgesetzt, der Aufsichtsrat stimmt am heutigen Freitag zu. Arbeitnehmervertreter haben bereits Widerstand angekündigt.

Dass in „Wachstumsfeldern“ gleichzeitig rund 2300 neue Jobs geschaffen werden sollen, wie der Konzern um Vorstandschef Martin Zielke ankündigte, ist für die Belegschaft wohl nur ein kleiner Trost. Unter dem Strich werden dann immer noch 7300 Stellen eingespart.

Der Hintergrund? Die Commerzbank kämpft – wie alle anderen Banken – mit den Folgen des anhaltenden Zinstiefs und mit verschärften Auflagen. Vor allem das Mittelstandsgeschäft, lange Zeit der größte Ertragsbringer des Instituts, litt unter den niedrigen Zinsen. Im ersten Halbjahr brach der Überschuss im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als 40 Prozent auf 372 Millionen Euro ein.

„Wir verdienen nicht genug“

In einem Brief an die Mitarbeiter, dessen Entwurf versehentlich im Intranet des Unternehmens landete (und von Reuters veröffentlicht wurde), zeichnete Zielke vor Kurzem ein düsteres Bild: „Wir verdienen einfach nicht genug Geld, um die Bank dauerhaft mit Erfolg in die Zukunft zu führen“, schrieb er. Zinssenkungen hätten die Lage noch verschärft. Schnelle Antworten seien gefragt. „Abwarten ist keine Lösung! Wir müssen dringend selbst tätig werden, um die Bank deutlich profitabler zu machen.“

Das geschieht nun unter dem Titel „Commerzbank 4.0“. Zielke, der dem Vorstand seit 2010 angehört und seit Mai dessen Chef ist, will das Institut zu einem „digitalen Technologieunternehmen“ umbauen und sich nur noch auf das Kerngeschäft konzentrieren. Die vier Geschäftsbereiche werden auf zwei reduziert: „Privat- und Unternehmerkunden“ sowie „Firmenkunden“.

Ziel sei „ein digitales Geschäftsmodell, aber mit einer persönlichen Note“. Denn an ihren Filialen wird die Bank festhalten. Dafür wird das Investmentbanking weiter verkleinert und mit dem Firmenkundengeschäft fusioniert. Auch die polnische Tochter mBank, die bisher als eigenständige Sparte geführt wurde, dürfte integriert werden.

Finanzministerium schweigt

Die Restrukturierung soll 1,1 Milliarden Euro kosten. Dividendenzahlungen an die Aktionäre wird es vorerst nicht geben, Gewinne sollen in die Rücklagen fließen. Diese Botschaft tangiert auch den Staat, der etwas mehr als 15 Prozent an der Commerzbank hält. Das Finanzministerium wollte die Pläne vorerst nicht kommentieren.

Für das dritte Quartal erwartet das Institut ein negatives Ergebnis, im Gesamtjahr aber einen leichten Gewinn. Im Vorjahr schrieb die Commerzbank wieder einen Milliardengewinn, weshalb sich der langjährige Vorstandschef Martin Blessing im Frühjahr mit der ersten Dividende seit 2007 verabschieden durfte. Schon in Blessings Amtszeit wurden 5000 Stellen gestrichen.

Die Anleger zeigten sich von den neuen Sparplänen nicht eben beeindruckt: Die Commerzbank-Aktie gab am Donnerstag um zwei Prozent auf 5,87 Euro nach.

AUF EINEN BLICK

Die Commerzbank streicht 9600 von 45.000 Vollzeitstellen. Gleichzeitig will Deutschlands zweitgrößte Bank in „Wachstumsfeldern“ 2300 neue Arbeitsplätze schaffen. Der Stellenabbau ist Teil eines Strategieplans bis 2020. Die vier Geschäftsbereiche werden auf zwei reduziert: Privat- und Unternehmerkunden bzw. Firmenkunden. An die Aktionäre werden vorerst keine Dividenden mehr ausbezahlt. Die Restrukturierung kostet 1,1 Mrd. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2016)

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