Ringen in Euro-Gruppe: Erhält Griechenland weitere Milliarden?

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TOPSHOT-GREECE-ECONOMY-LABOUR-PROTESTAPA/AFP/LOUISA GOULIAMAKI
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Die Finanzminister beraten in Luxemburg, ob das überschuldete Land die nächste Tranche über 2,8 Milliarden Euro erhalten soll.

Bekommt Griechenland frisches Geld? Der Dauerbrenner beschäftigt am Montag abermals die Euro-Gruppe. Die Finanzminister beraten in Luxemburg, ob das überschuldete Land wie vorgesehen die nächste Tranche aus dem aktuellen, insgesamt 86 Mrd. Euro schweren Hilfspaket erhalten soll oder nicht. Diesmal geht es um 2,8 Milliarden Euro.

Fließen sollen sie nur, wenn die Euro-Partner mit dem Stand der griechischen Reformen zufrieden sind. Daran gibt es erhebliche Zweifel. Teil der Vereinbarung ist es, dass auch das laufende Programm - das dritte seit Beginn der Griechenlandkrise 2010 - Kredite aus dem Euro-Rettungsfonds ESM an Bedingungen koppelt: Drosselung der Staatsausgaben, Steuererhöhungen, Verkauf von Staatsvermögen. Geld gibt es nur in Raten, sofern die Gläubiger Fortschritte attestieren.

Uneinigkeit über Umsetzung

Im Frühsommer taten sie das nach langem Hin und Her und gaben 10,3 Mrd. Euro frei - im Prinzip. Überwiesen wurden aber zunächst nur 7,5 Mrd. Euro. Die übrigen 2,8 Mrd. Euro sind an 15 sogenannte Milestones - also Prüfsteine - gekoppelt. Griechenland hält zumindest 13 der 15 Punkte für erledigt. Im Kreis der Gläubiger sieht man das anders. Nur die Hälfte sei erfüllt und die Auszahlung der fälligen Tranche deshalb alles andere als sicher, erklären Diplomaten in Brüssel.

Athen kann die Kritik nicht nachvollziehen. Denn zur Überraschung der griechischen Bevölkerung hat die Regierung selbst heikle Punkte wie die Privatisierung der Wassergesellschaften von Athen und Thessaloniki durchgeboxt. Bei der Bewertung geht es ums Kleingedruckte. So wurde zum Beispiel die staatliche Telefongesellschaft OTE zu 95 Prozent privatisiert; die verbleibenden 5 Prozent sollen durch den neuen griechischen Privatisierungsfonds verkauft werden. Dennoch gilt das gesamte Projekt Kritikern zufolge als "nicht umgesetzt". Ähnlich sieht es auf weiteren Baustellen aus: Abbau von Bürokratie, Öffnung des Arbeitsmarktes, Kampf gegen Schwarzarbeit, Liberalisierung des Energie-Sektors, Parteienfinanzierung und ein dreijähriger Masterplan für Bildung.

Indes stöhnen die Menschen in Griechenland unter der Last neuer Rentenkürzungen und Steuererhöhungen. Rentner protestieren genauso wie Krankenhausmitarbeiter und Fluglotsen. Allein die Renten wurden in den vergangenen Jahren mehr als zehn Mal gekürzt. Von Lebensmitteln über Kaffee und Zigaretten bis hin zu Heizöl, Internet und Mobilfunk ist alles teurer geworden. Immer noch ist offiziell jeder Vierte arbeitslos. Viele Menschen fragen sich, wie die Wirtschaft angesichts all der Sparmaßnahmen wieder in Schwung kommen soll.

Wie kommen beide Seiten zueinander?

Meist gibt es eine Lösung am Verhandlungstisch, wenn auch nicht immer sofort. Zieldaten seien auch in der Vergangenheit schon "flexibel" gehandhabt worden, heißt es. Die Gläubiger - auch die deutsche Bundesregierung - stehen politisch unter Druck, den Griechen gegenüber nicht zu nachgiebig zu sein. Deshalb zimmert man bisweilen Drohkulissen. Wenn das Geld nicht kommt, ist Griechenland jedoch nicht pleite. Zwar war der griechische Schuldenberg Stand 30. Juni 2016 auf 328 Mrd. Euro angewachsen. Im laufenden Betrieb finanziert sich das Land aber inzwischen leidlich selbst aus eigenen Einnahmen und Steuern.

Kritisch wird es für Athen immer dann, wenn Schulden im größeren Maßstab getilgt werden müssen. Im Moment steht nichts an. Der nächste Schritt ist Anfang Dezember eine Überweisung von lediglich 300 Mio. Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF). Und doch wären die 2,8 Mrd. Euro für Athen sehr wichtig. Denn mit 1,7 Mrd. Euro der Tranche will die Regierung eigene Schulden bei Dienstleistern und Zulieferern begleichen, was einer Finanzspritze für die gebeutelte Wirtschaft gleichkäme. Die übrigen 1,1 Mrd. Euro will sie für außerordentliche Tilgungen nutzen.

Die Gläubiger sind sich seit geraumer Zeit uneins, wie Griechenland jemals wieder auf die Beine kommen soll. Der IWF warnt, das Land werde unmöglich nur mit Wachstum und Reformen 328 Mrd. Euro abtragen. Er fordert deshalb rasche Schuldenerleichterungen. Darüber wollen die europäischen Gläubiger aber erst nach Ende des laufenden Hilfsprogramms im Juni 2018 reden. Das Dilemma für die Deutschen: Der IWF droht unter der Hand, sich nicht mehr zu beteiligen. Der Bundestag macht seine Unterstützung aber davon abhängig, dass auch der IWF dabei bleibt.

(APA/dpa)

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