dm kämpft an zwei Fronten

Jahres-Pk dm Drogeriemarkt
Jahres-Pk dm Drogeriemarkt(c) APA/dpa/Uli Deck
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Die Drogeriekette dm gibt sich zum 40. Geburtstag angriffslustig: Man geht weiter gegen Apotheker und die eigene Familie vor.

Wien. Man fühlt sich als Marktführer des österreichischen Drogeriefachhandel gut abgesichert. Das sei nicht das Ziel, sondern schlicht die Folge guter Arbeit, streut Martin Engelmann, dm-Österreich-Geschäftsführer, seinem Unternehmen zum Jubiläum Rosen. Doch dem Drogisten, der in seinem vierzigsten Jahr in Österreich auf einen Marktanteil von 45 Prozent vor der Konkurrenz Bipa und Müller kommt und seine Umsätze konstant auf aktuell 852 Mio. Euro gesteigert hat, ist das nicht genug. Die „Kernkompetenz Gesundheit“, wie Engelmann sie nennt, ist das Objekt der Begierde. Hier will DM weiter wachsen. Das gemeinsam mit der Biolebensmittelmarke Alnatura seit den Achtzigern aufgebaute Bioimage soll helfen.

Widerstand kommt nicht zuletzt aus der eigenen Familie. Die deutschen Gerichte verhandeln zurzeit über den Streit zwischen dm-Gründer Götz Werner und Alnatura-Gründer Götz Rehn. Die beiden sind verschwägert und waren die längste Zeit privat wie beruflich eng verbunden. Alnatura produzierte Bioprodukte, dm vertrieb sie. Bis er es nicht mehr tat, sondern die Artikel des Schwagerbetriebs ab Frühling 2015 nach und nach zugunsten einer eigenen Biolinie auslistete. „Wir haben aus unserer Sicht eine langjährige Kooperation mit Alnatura“, betont Engelmann. Nur von der Exklusivität habe man sich „befreit“ und könne dadurch regionale Marken in den Mittelpunkt rücken.

Besitzansprüche auf Alnatura

An die ehemalige Exklusivität will man Alnatura aber sehr wohl binden – vor Gericht. Grund ist ein Kooperationsvertrag aus den Gründerjahren, an den sich der Biohersteller seit der schleichenden Auslistung nicht mehr gebunden fühlt. In Österreich kooperiert er mittlerweile mit der Rewe-Konkurrenz Billa und Merkur, in Deutschland etwa mit Müller und Edeka. In einem zweiten Verfahren geht es um die Rechte an der Marke Alnatura. „Wir haben sie mitentwickelt“, wiederholt Engelmann die Position von Gründer Werner: Alnatura sei erst durch den großen Partner erfolgreich geworden – daher gebühre die Marke ihm. Beide Verfahren warten auf ein endgültiges Urteil.

Darauf wartet Engelmann in einer anderen Causa auch in Österreich: Hierzulande kämpft man nicht im Familienkreis, sondern gegen die Apotheker. Im Februar wandte sich dm an den Verfassungsgerichtshof (VfGH), um den Apothekenvorbehalt für den Vertrieb rezeptfreier Arzneimittel zu kippen. „Das Apothekermonopol ist nicht mehr zeitgemäß und in Europa einzigartig“, so Engelmann. Er erwartet die Entscheidung Mitte November. Das am Mittwoch ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das die deutsche Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente als EU-rechtswidrig aufhob, wertet er als positives Signal. Man ist aufgrund der anderen Rechtslage zwar nicht unmittelbar betroffen, fühlt sich aber im Streben nach mehr Wettbewerb gestärkt.

Sollte der VfGH den Bedenken des Individualantrags folgen, sei der Gesetzgeber am Zug. Eine Änderung der Rechtslage erwartet Engelmann „im positivsten Fall“ aber erst Ende 2017. Und wenn er die Verfassungswidrigkeit nicht anerkennt? „Dann bleiben uns andere Wege offen“, sagt Engelmann. Der Kampf dürfte weitergehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2016)

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