Wie Fondsmanager Geld mit ungeliebten Aktien verdienen

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Potenzielle Kursraketen findet man am einfachsten bei heftig abverkauften Aktien, so ein bewährtes Rezept der Fondsmanager.

Wien.Wenn ehemalige Börsenlieblinge zu hässlichen Entleins mutieren, dann ist das für Anleger freilich besonders bitter. Beispiele an bösen Überraschungen gab es in der jüngsten Vergangenheit genügend – mit entsprechenden Kursverlusten. Denn bei schlechten Nachrichten warten Anleger in der Regel nicht lang mit Verkäufen. Schließlich wollten die wenigsten Aktien besitzen, „bei denen der Ausblick äußerst unsicher ist“, sagt David Williams, Fondsmanager des M&G Global Recovery Fund. Allein, genau dann kommt wiederum sein Fonds ins Spiel: „Grundsätzlich werden zuerst die Börsen weltweit nach besonders stark abgestürzten Aktien durchforstet, danach die Ursachen ausfindig gemacht. Handelt es sich um Gründe, die überwindbar scheinen und ein Management mit überzeugenden Plänen, kommen die Aktien für uns infrage.“ Was zählt, ist der Bottom-up-Ansatz, wie es im Fachjargon heißt, wenn also die bloßen betriebswirtschaftlichen Fakten betrachtet werden, abseits von Zins- und Wirtschaftsprognosen.

Genügend Auswahl vorhanden

An Kandidaten mangelt es jedenfalls nicht. Allein in den vergangenen Jahren habe es reichliche Chancen etwa im Konsumsektor gegeben. Viele Unternehmen haben sich unter anderem mit der wachsenden Online-Konkurrenz schwergetan, sagt Williams. Auch insgesamt sei der Sektor im Umbruch. Und so sei man in Europa, zum Beispiel bei Pandora, einem dänischen Schmuckverkäufer, fündig geworden. Gleich nach dem Börsengang im Jahr 2011 habe es bereits Probleme gegeben. Der Umsatz enttäuschte, denn Pandora habe unbedingt im Hochpreissegment mitmischen wollen. Nun sei man zu den Wurzeln eines günstigen Schmuckanbieters zurückgekehrt, und zwar mit einigen Kollektionen pro Jahr.

Allein, auch ein Investment in VW darf nicht fehlen. Schließlich müsse der Automobilkonzern die aktuellen Probleme lösen, nur gehe das eben nicht über Nacht. Auch kann Williams der Abgasaffäre etwas Positives abgewinnen, „sie könnte einen Wandel in der Unternehmenskultur herbeiführen“. Zudem sei dies ohnedies nicht der erste Skandal in der weltweiten Autoindustrie, „tendenziell sind sie von kurzer Dauer“. In Deutschland zählt Williams auch die Commerzbank zu seinen Favoriten. Das Institut habe nicht ein derart großes Investment-Banking-Geschäft wie der Konkurrent, die Deutsche Bank. Auch stünden keine Klagedrohungen ins Haus. „Damit hat die Bank ihren weiteren Geschäftsverlauf besser in der Hand.“ Etwas fokussierter gehen andere Mitwerber wie zum Beispiel der BGF European Special Situations Fund vor. Hier sucht Michael Constantis laufend nach europäischen Unternehmen, die mit besonders guten Zahlen aufwarten können, der Markt dies aber scheinbar nicht honoriere.

Viele verschiedene Zugänge

Auch Restrukturierungen könnten eine Kaufgelegenheit bieten. Zu den Top-drei-Aktien im Fonds zählen derzeit British American Tobacco, SAP und Unilever. Im Fidelity Asian Special Situations Fund setzt Suranjan Mukherjee wiederum vor allem auf TSMC, Tencent Holdings und Samsung Electronics.

Doch es gibt auch noch einen anderen Zugang zu diesem Thema. Beim Greiff Special Situations Fund OP sucht man ganz gezielt europäische Unternehmen vor allem aus dem deutschsprachigen Raum mit attraktivem Übernahme-, Struktur- und Squeeze-out-Potenzial. Dazu zählen etwa Celesio, Kabel Deutschland sowie MAN. Die beiden letzteren Unternehmen haben bereits je einen Großaktionär (Vodafone bzw. VW).

Dennoch, eines haben die Produkte alle gemein: Die Fondsmanager machen sich ganz individuell auf die Suche nach verborgenen Chancen. Das birgt freilich auch Gefahren eines Fehlgriffs. Anleger sollten deshalb nur einen Teil ihres Vermögens darin investieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2016)

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