„Soziale und finanzielle Renditen zu vereinen ist nicht unmoralisch“

The logo of Swiss bank UBS is seen outside their branch in Bern
The logo of Swiss bank UBS is seen outside their branch in BernREUTERS
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Solange die Einstellung passt, darf man auch an den monetären Aspekt denken, sagt Silvia Bastante, Chef-Philanthropin bei der UBS. In Österreich gebe es noch Aufholpotenzial.

Die Presse: Frau Bastante, in der Öffentlichkeit entsteht oft der Eindruck, ein philanthropisches Engagement sei nur Vermögenden vorbehalten.

Silvia Bastante: Jeder Einzelne kann philanthropisch aktiv werden. Wir alle haben Anliegen, die wir unterstützen möchten, von Umweltthemen bis hin zum Kampf gegen Kinderkrankheiten. Da können auch kleinere Summen große Wirkung erzielen. Letztendlich kommt es bei der Philanthropie nicht auf die Höhe der gespendeten Gelder an, sondern auf die persönliche Einstellung und den Willen, nachhaltige, positive Veränderung für sein Anliegen herbeizuführen.

Die Nachwehen der Finanzkrise haben wir aber noch nicht verdaut. Das muss doch auch die philanthropische Tätigkeit beeinflussen.

Wir beobachten interessanterweise, dass sie weltweit sogar zunimmt. Schließlich gibt es immer mehr Einzelpersonen, die über beachtliche Vermögen verfügen. Auch wächst die Welt immer enger zusammen. Das schafft etwa mehr Möglichkeiten und Transparenz in Bezug auf die Verwendung von Stiftungsgeldern. Zudem steigt die Zahl der Unternehmer, sie geben der Gesellschaft erfahrungsgemäß mehr zurück. Manche wollen dabei offen ein Vorbild sein, wie etwa Bill Gates in den USA oder Susanne Klatten in Deutschland.

Ist Wohltätigkeit glaubwürdig, wenn sie offen zur Schau gestellt wird?

Immer wieder wird behauptet, dass philanthropisches Engagement zum Zweck der Selbstdarstellung oder zur Steuervermeidung genutzt wird. Das sehen wir bei den Philanthropen, mit denen wir arbeiten, jedenfalls nicht. Auch wenn die Motivation eines Philanthropen oft sehr persönlich ist, steht immer der Wille, etwas in der Welt zu bewegen, im Vordergrund. Dabei spielt die regionale Kultur eine große Rolle. In den USA ist man es gewohnt, über philanthropisches Engagement offen zu sprechen. In Asien und Europa wird die Spendentätigkeit nicht an die große Glocke gehängt.

Wäre es unmoralisch, ein Renditeziel vor Augen zu haben?

Die Tatsache, dass ein Engagement nicht nur eine positive und soziale, sondern auch eine finanzielle Rendite hat, macht es nicht unmoralisch. Investitionen und Wertvorstellungen müssen miteinander einhergehen, wobei das eine dem anderen nicht widersprechen darf.

Wie kann man sich ein typisches Projekt vorstellen?

Ein Beispiel aus dem Impact-Investing-Sektor ist der UBS Focus SME Fund in Höhe von knapp mehr als 50 Millionen Franken. Dieser Fonds beteiligt sich vor allem an kleinen und mittelgroßen Unternehmen in zahlreichen Schwellenländern, schließlich sind diese Gesellschaften oftmals der Wachstumsmotor dieser Regionen. Hier liegt die erwartete Nettorendite jährlich zwischen acht und zehn Prozent.

Wie schaut es in Österreich mit der Großzügigkeit aus?

Hierzulande werden vor allem soziale Dienste, Bildung und Kulturelles unterstützt. Trotzdem hinkt die Spendentätigkeit etwa bei den gemeinnützigen Stiftungen im internationalen Vergleich hinten nach. Das lag zum einen an der restriktiven Gesetzeslage, zum anderen an der Einstellung, der Staat sorge ohnedies für gewisse Grundbedürfnisse. Ein wichtiger Schritt war dabei heuer das neue Gemeinnützigkeitsgesetz. Wobei wir schon jetzt bemerken, dass das Interesse unserer österreichischen Kunden an philanthropischer Beratung wächst. Auch die aktuellen Schätzungen stimmen uns positiv. Laut einem Bericht des Bundes gemeinnütziger Stiftungen, der Julius-Raab-Stiftung und der Erste-Stiftung, dürfte das Stiftungsvermögen von rund 25 Millionen Euro auf gut eine Milliarde Euro bis zum Jahr 2030 ansteigen.

Reicht ein neues Gesetz, um die Spendentätigkeit anzukurbeln?

Es spielen nicht nur gesetzliche Erleichterungen eine Rolle. Derzeit findet auch ein gewisser Generationenwandel statt. Immer mehr junge Menschen interessieren sich für Philanthropie. Wir beobachten aber auch, dass junge Menschen viel bereitwilliger zwischen beruflichen Tätigkeiten im Non-Profit-Sektor und For-Profit-Sektor wechseln, um beide Seiten der Medaille kennenzulernen. Denn gerade die jüngere Generation will ihr Vermögen sinnvoll einsetzen.

ZUR PERSON

Silvia Bastante de Unverhau leitet den Bereich Philanthropy Advisory bei UBS Wealth Management, wobei die Erarbeitung von Strategien und Konzepten für wohltätige Engagements im Fokus stehen. Bastante ist Gastgeberin des jährlichen UBS Global Philanthropy Forum in St. Moritz. Die Philanthropin blickt auf 15 Jahre Erfahrung im Bereich der Entwicklungshilfe zurück, arbeitete eng mit namhaften Stiftungen und Non-Profit-Organisationen zusammen und war unter anderem bei der Organisation of American States sowie für Amnesty International tätig. [ Mayr ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2016)

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