Lucky Strike geht weit für eine Camel

Camel cigarettes are stacked on a shelf inside a tobacco store in New York
Camel cigarettes are stacked on a shelf inside a tobacco store in New YorkREUTERS
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In der Tabakindustrie sorgt eine Milliardenfusion für Kursfantasie: BAT will den Rest am US-Konzern Reynolds übernehmen – das ist den Briten 47 Milliarden Dollar wert.

London. Schockfotos auf den Zigarettenpackungen, Rauchverbote allerorten, Werbeverbote und saftige Steuern auf Tabak: Man möchte meinen, der Tabakindustrie gehe es schlecht. Mitnichten: starke Marken, steigende Preise und neue Absatzmärkte – vor allem in Fernost und Afrika – verhelfen den Konzernen weiterhin zu kräftigen Gewinnen, obwohl der Absatz in Europa und Nordamerika kontinuierlich sinkt.

Wie in anderen Branchen, in denen sehr viel Geld für neue Entwicklungen und Marketing im Spiel ist, setzt auch die Zigarettenindustrie auf Größe. Der neueste Coup in der schon seit Jahren von Konzentration geprägten Branche: Der britische Zigarettenhersteller British American Tobacco (BAT) mit der bekanntesten Marke Lucky Strike will für 47 Mrd. Dollar den US-Rivalen Reynolds (Camel) zur Gänze übernehmen. BAT, derzeit die Nummer zwei weltweit hinter Philip Morris (Altria), würde damit zum weltgrößten börsenotierten Tabakkonzern aufsteigen. In den USA würde der neue Konzern zum Branchenprimus avancieren und Marken wie Pall Mall, Dunhill, Lord, Prince sowie Newport und Rothmans unter einem Dach vereinen.

Nachdem BAT das Vorhaben am Freitag in London bekannt gemacht hatte, verteuerte sich die Aktie um knapp drei Prozent. Im Jahresverlauf hat das BAT-Papier um 27 Prozent zugelegt. Bei Reynolds betrug das Plus 2,2 Prozent.

Deutlicher Aufschlag

BAT ist bereits in großem Umfang an Reynolds beteiligt. Der genannte Preis gilt daher nur für die restlichen 57,8 Prozent. BAT bietet den Reynolds-Aktionären 56,50 Dollar je Aktie, was einem Aufschlag von 20 Prozent auf den Schlusskurs von Donnerstag entspricht. Vom Kaufpreis sollen allerdings nur rund 20 Mrd. Dollar in bar überwiesen werden, die übrigen 27 Mrd. Dollar werden in Form von BAT-Aktien bezahlt.

Jefferies-Analyst Owen Bennett rechnet bei einem Zusammenschluss mit Synergien von 400 Mio. Dollar. Bei Finanzierungskosten von drei Prozent würde der Deal bereits nach einem Jahr das Ergebnis verbessern. Das Ergebnis je Aktie könnte im Jahr 2017 so um 20 Prozent zulegen, prognostiziert Bennett. Die Kombination der beiden Unternehmen stärke das Geschäft für die Zukunft, betonte auch BAT-Chef Nicandro Durante.

An sich kann er sich nicht beklagen. BAT verkaufte im Vorjahr zwar mit 663 Mrd. Stück etwas weniger Zigaretten, steigende Preise glichen dies aber aus. Auch der Umsatz lag dementsprechend etwas unter dem Niveau von 2014, aber ein starkes Finanzergebnis gab dem Gewinn einen deutlichen Schub. Unter dem Strich stand ein Plus von mehr als einem Drittel auf 4,3 Mrd. Pfund (5,45 Mrd. Euro). In den ersten neun Monaten 2016 wuchs sogar der Umsatz um acht Prozent.

Während die Konzerne in Europa und Nordamerika starken Gegenwind spüren und deshalb Fabriken schließen (BAT schloss im Sommer die Produktion in Bayreuth) und schwache Marken auflassen, boomt das Geschäft mit dem Nikotin vor allem in Asien. Nach Angaben der WHO gibt es in China rund 280 Millionen Raucher. China National Tobacco ist auch der größte Produzent der Welt – er ist allerdings ganz in staatlicher Hand.

Dazu kommt ein neues Produkt, die elektronische Zigarette, der großes Wachstumspotenzial eingeräumt wird. Diese Elektrozigarette verbrennt keinen Tabak, sondern verdampft mithilfe einer Batterie eine nikotinhaltige Flüssigkeit.

Alle großen Konzerne wollen in dieses Segment des Dampfrauchens einsteigen bzw. haben schon Produkte auf dem Markt. (eid/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2016)

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