Megafusion in der amerikanischen Medienbranche

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AT&T soll Time Warner für 85 Milliarden Dollar übernehmen. Zu Time Warner gehören der Sender HBO, der Nachrichtenkanal CNN und das Filmstudio Warner Bros.

Die US-Medienbranche steht vor einer Megafusion mit weitreichenden Folgen für die Zukunft des Sektors. Für rund 85 Milliarden Dollar (78 Mrd. Euro) will der Telekomriese AT&T laut Insiderinformationen den Konzern Time Warner kaufen, zu dem die Sender HBO und CNN sowie das Filmstudio Warner Bros gehören. Beide Seiten hätten dazu eine Grundsatzvereinbarung erzielt.

Die Übernahme könnte an diesem Sonntag öffentlich gemacht werden, sagten mit dem Vorgang vertraute Personen am Freitag. Er wäre bereits die zweite Großübernahme von AT&T im Mediengeschäft binnen kurzer Zeit. Erst vergangenes Jahr hatte sich das Unternehmen für 48,5 Milliarden Dollar den Satellitenfernsehen-Anbieter DirecTV einverleibt.

Umwälzungen in den beteiligten Branchen

Ebenfalls 2015 hatte Time-Warner-Chef Jeff Bewkes eine Offerte von Rupert Murdochs Mediengruppe Twenty-First Century Fox über 80 Milliarden Dollar zurückgewiesen. Die Insider sagten nun, der damalige Bieter wolle nicht erneut aktiv werden. Laut "Wall Street Journal" hatte vor einigen Monaten aber Apple Kontakt mit Time Warner aufgenommen, um einen Zusammenschluss zu diskutieren. AT&T-Rivale Verizon verabredete zuletzt den Kauf des Internetgeschäfts von Yahoo für 4,8 Milliarden Dollar, nachdem er bereits 2015 den Online-Veteranen AOL unter seine Fittiche genommen hatte. Im Jahr 2000 war Time Warner mit AOL zusammengegangen, was mittlerweile als einer der größten Fehlschläge bei Firmenzusammenschlüssen überhaupt gilt.

Die jüngsten Initiativen spiegeln massive Umwälzungen in den beteiligten Branchen wider. Zuschauer schauen sich Filme oder Sendungen zunehmend übers Internet an. Davon profitieren Online-Videotheken wie Netflix auf Kosten traditioneller TV-Sender. Zugleich decken sich Telekom-Unternehmen verstärkt mit Medieninhalten ein, um mehr Kunden zu gewinnen.

Auch neue Medienangebote?

AT&T verkauft von Haus aus Mobilfunk- und Breitbanddienste, hat aber bereits mehrere Standbeine im Mediengeschäft. Außer DirecTV unterhält der Konzern eine Gemeinschaftsfirma, die in der Branche investiert und einen Videostreaming-Dienst aus der Taufe gehoben hat. Time Warner beherbergt neben HBO und CNN auch die Sendergruppen TBS und TNT. Zudem hält das Unternehmen eine zehnprozentige Beteiligung am Netflix-Konkurrenten Hulu. Das Warner-Filmstudio hat die Rechte an Kassenschlagern wie "Batman" und "Harry Potter".

Mobilfunkunternehmen setzen große Hoffnungen auf die nächste Generation der Übertragungstechnik (5G), die auch neue Medienangebote ermöglichen soll. "Wir glauben, dass 5G ein ganz wichtiger Impulsgeber ist", betonte Analyst Rich Tullo vom Wall-Street-Haus Albert Fried & Company. Damit könnten die Telekomanbieter den Bezahlfernsehsendern gehörig in die Quere kommen. Andere Experten kritisierten allerdings, dass AT&T viel Geld für den Kauf der Inhalte-Produktion ausgibt statt zu deutlich günstigeren Preisen lediglich Verwertungsrechte zu erwerben. Es sei unklar, welche Einsparungen die Zusammenlegung von Vertriebsinfrastruktur und Inhalten bringen könnte, sagte Doug Creutz von der Investmentbank Cowen and Co. "Das wurde schon probiert und funktioniert niemals." Die Kartellbehörden dürften der Fusion nach Einschätzung von Fachleuten nicht im Wege stehen. Die Partner müssten voraussichtlich nur bestimmte Auflagen erfüllen.

Den Insidern zufolge will AT&T 110 Dollar je Time-Warner-Aktie zahlen. Der Preis läge damit deutlich über dem jüngsten Kurs, der im außerbörslichen Handel auf 92,50 Dollar nach oben schoss. Damit erreichte Time Warner eine Marktkapitalisierung von rund 73 Milliarden Dollar.

(Ag.)

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