Air Berlin-Sanierung hängt in der Luft

(c) APA/Rainer Jensen
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Die marode Fluglinie hat auch im verkehrsstarken Sommer Verlust gemacht. Ohne Finanzreserven wird die Rettung schwierig.

Berlin/Wien. Der Optimismus, mit dem Stefan Pichler Anfang 2015 angetreten ist, um das Steuer bei Air Berlin herumzureißen, ist endgültig verflogen. Da ändert auch der Pakt mit der Lufthansa nichts, die – als Kern der Sanierung – von der zweitgrößten deutschen Fluglinie und Mutter der österreichischen Niki 40 Flugzeuge samt Crews übernehmen soll. Die am Mittwoch präsentierten Zahlen für das dritte Quartal und die ersten neun Monate 2016 spiegeln die katastrophale Lage der Airline wider. Womit über der von Pichler versuchten Radikalkur ein großes Fragezeichen schwebt.

Denn Air Berlin leidet inzwischen nicht nur unter den Fehlern der Vergangenheit – der ungebremsten Expansion und dem Aufkauf maroder Airlines, die den Schuldenstand auf 1,067 Mrd. Euro getrieben haben. Die Fluglinie steckt in einer Doppelmühle eigener Rationalisierungen – sprich Kapazitätsreduktionen – und der zunehmenden Konkurrenz auf den „Rennstrecken“ nach Spanien und Portugal. Dorthin haben auch viele Rivalen ihre Flieger gelenkt, nachdem die Märkte Türkei, Ägypten und Tunesien weggebrochen sind. Was die Ticketpreise zusätzlich unter Druck gebracht hat.

Und so schaffte Air Berlin das negative Kunststück, im Sommerquartal, in dem Airlines normalerweise Geld scheffeln, um die mageren Wintermonate zu überstehen, Verluste einzufliegen. Während das Betriebsergebnis von 81,4 auf minus 17,3 Mio. Euro drehte, sackte das Nettoergebnis von 56,2 auf minus 45,6 Mio. Euro ab. Die Fluglinie macht dafür auch höhere Leasingkosten verantwortlich – sie hat ihre gesamte Flotte geleast. Die Ersparnis beim Kerosin von 80,7 Mio. Euro ist jedenfalls total verpufft.

In den ersten neun Monaten steht nun ein Verlust von 317 Mio. Euro zu Buche, nach minus 191,4 Mio. Euro im Vorjahreszeitraum. Damit steuert die Gesellschaft, die nur vom Großaktionär Etihad in der Luft gehalten wird, auf einen weiteren Rekordverlust im Gesamtjahr zu. Im Vorjahr lag der Abgang bei 446,6 Mio. Euro.

Kein Geld aus Abu Dhabi

Die andauernd tiefroten Zahlen – seit dem Börsengang 2006 machte Air Berlin nur ein einziges Mal Gewinn – haben trotz wiederholter Finanzspritzen der Scheichs die Kapitalreserven komplett aufgefressen. Besser gesagt: Das Eigenkapital ist mit 1,032 Mrd. Euro negativ, ein Wert, der auch in investitionsintensiven Hochrisikobranchen bemerkenswert sein dürfte.

Damit scheint aber das Ende der Abwärtsspirale noch nicht erreicht. „Auch das vierte Quartal wird für Air Berlin operativ noch keine Trendwende bringen“, dämpfte Pichler jegliche Erwartungen. Frisches Geld aus Abu Dhabi kann aber nicht mehr üppig fließen, da Etihad bereits 29 Prozent hält. Würde die nicht europäische Fluglinie die Mehrheit übernehmen, droht Air Berlin der Verlust der Flugrechte.

Und so fragen sich Beobachter, wie die Airline überleben soll. Denn in der Luftfahrt gilt, dass die hohen Erträge aus der Sommerhochsaison die Verluste im verkehrsarmen Winter ausgleichen müssen. Darauf kann Pichler nicht zählen, womit auch sein Konzept in der Luft hängt. Am ehesten dürfte der Deal mit der Lufthansa klappen – die AUA-Mutter will ja ihre Billigschiene Eurowings massiv ausbauen. Auch der Plan, weitere 24 Flugzeuge mitsamt der Tochter Niki mit TUIfly zu einem Ferienflieger zu verschmelzen, scheint möglich.

Was passiert aber mit dem Rest? Die verkleinerte Air Berlin soll sich auf europäische Geschäftsreisende und Langstreckenverbindungen, vor allem nach Nordamerika, konzentrieren. Die Atlantikstrecken sind freilich die umkämpftesten. Da liefern sich nicht nur die etablierten Fluglinien ein hartes Match, inzwischen mischen auch Billig-Airlines kräftig mit. Wenn American Airlines, bisher der wichtigste Allianzpartner von Air Berlin, das Code-Sharing-Abkommen über Gemeinschaftsflüge tatsächlich aufkündigt, hätte das dramatisch negative Folgen für die Wirtschaftlichkeit des Langstreckennetzes von Air Berlin. Die Amerikaner haben offenbar schon kalte Füße bekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2016)

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