Leitl: „Bisserl Schneid müssen wir haben“

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Wirtschaftskammer-Präsident Leitl weiß, was die Regierung zu tun hat, um die Arbeitslosenzahlen zu senken. Zuallererst müsse die Körperschaftsteuer gesenkt werden.

Wien. Das Wirtschaftsbarometer der Wirtschaftskammer habe sich stets als äußert zuverlässiges Instrument erwiesen. „Das direkte Feedback aus der Praxis erweist sich allemal als besser als alle Berechnungen. Ich habe damit bisher alle Wetten gegen die Leute gewonnen, die Dinge mit Formeln berechnet haben“, sagte Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl gestern bei der Präsentation. Für das Barometer 2017 wurden 3281 Unternehmen nach ihrer Einschätzung und ihren Erwartungen befragt.

Und die Befragten sind weder euphorisch noch pessimistisch, sondern erwarten für 2017 weitgehend stabile Verhältnisse. In Zahlen heißt das ein Wachstum von etwa 1,5 Prozent und 35.000 mehr Arbeitsplätze. Allerdings gebe es einen größeren Andrang als offene Stellen, 15.000 Menschen werden voraussichtlich keinen Job finden.

Ein Rezept mit drei Zutaten

Doch Leitl weiß, was die Regierung zu tun hat, um die steigende Arbeitslosigkeit in den Griff zu kriegen. Nicht nur das. Sein Rezept soll noch dazu budgetverträglich sein. Dreier Zutaten bedarf es: „Erstens muss die Körperschaftsteuer von 25 auf 20 Prozent gesenkt werden.“ Diese Steuersenkung finanziere sich ohnehin von selbst, weil damit der Standort Österreich attraktiver würde. Bei der seinerzeitigen KÖSt-Senkung von 34 auf 25 Prozent habe er dem damaligen Bundeskanzler, Wolfgang Schüssel, versprochen, dass das KÖSt-Aufkommen nicht kleiner werde. Und recht habe er gehabt, es sei sogar gestiegen. Leitl: „Ein bisserl Schneid müssen wir schon haben.“

Zweitens müssten Investitionsanreize durch die Möglichkeit degressiver Abschreibung gegeben werden. Auch sie koste den Finanzminister nichts. „Er muss nur in mehreren Perioden denken. Denn das, was man am Anfang mehr abschreibt, schreibt man später weniger ab.“ Und drittens müsse die Forschungsprämie von zwölf auf 15 Prozent erhöht werden. „Sie ist eine Motivation zur Innovation. Wird sie erhöht, kostet das 165 Mio. Euro. Aber auch hier kommt ein Rückfluss. Innovation stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und den Export. Eine genaue Gegenzahl kann ich seriöserweise nicht nennen.“

(c) Die Presse

Was jedoch 15.000 Arbeitslose kosten, könne er genau sagen: 300 Mio. Euro pro Jahr. „Werden aber diese drei Punkte erfüllt, dann ist das für den Finanzminister ein gutes Geschäft. (. . .) Dafür geben wir als Wirtschaftskammer eine Garantie ab.“ Der Ball liegt demnach bei der Regierung. Apropos: Ob Leitl sicher sei, dass Hans Jörg Schelling noch lange Finanzminister seien werde oder ohnehin bald Neuwahlen ins Haus stünden, wird er gefragt. „Das ist für die Wirtschaft ein unangenehmes Thema. Wenn jeden Tag über Neuwahlen spekuliert wird, schadet ihr das. Das halte ich für nicht hilfreich.“

„Fragen Sie den Voest-General“

Aufmerksam beobachtet Leitl derzeit internationale Pläne zur Senkung von Unternehmenssteuern. Der designierte US-Präsident, Donald Trump, kündigte schon an, die steuerliche Belastung von Unternehmen von 35 auf 15 Prozent zu senken. Viele würden nun überlegen, in Amerika zu investieren.

„Fragen Sie den Voest-General, was er dazu sagt? Es könnte sein, dass Entscheidungen über neue Investitionen in eine Richtung gehen, die für uns nicht sehr angenehm ist“, so Leitl. Auch Ungarn sei mit der Senkung der Unternehmenssteuer auf neun Prozent nicht am Ende der Fahnenstange. Deshalb müsse sich Europa nun überlegen, ob es nicht eine Unter- und Obergrenze einführen sollte, dazwischen könne Wettbewerb bestehen.

Mit der OECD ist er der Meinung, dass dort versteuert werden müsse, wo verdient wird, und zwar ohne Ausnahme. „Wenn mir ein Würstelstandbetreiber erzählt, er zahlt mehr Steuern als Ikea, dann kommt etwas ins Wackeln – die Legitimation des sozialen Marktwirtschaftssystems. Das kann nicht sein. Da ist Europa gefordert!“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2016)

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