Ein Glücksspieldorado in Nöten

(c) REUTERS (Ethan Miller)
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Die Rezession hat Las Vegas schwer zugesetzt. Die Gäste bleiben aus, die Einnahmen sinken. Die Glücksspielindustrie in Las Vegas befindet sich in ihrer schwersten Krise seit den 1970er-Jahren.

Es ist unglaublich mutig, sagen die einen. Es ist ein ökonomisches Selbstmordkommando, sagen viele andere. Klar ist, dass das im Dezember eröffnete „City Center“ das teuerste je realisierte Immobilienprojekt in Las Vegas ist. „Wir haben uns gedacht: Wenn wir es nicht machen, macht es niemand“, sagte Jim Murren, Chef des Casinobetreibers MGM Mirage, als er das 8,5 Mrd. Dollar (5,9 Mrd. Euro) teure, aus mehreren Wolkenkratzern bestehende Vergnügungszentrum am „Strip“ in Las Vegas eröffnete.

Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Denn vor knapp zwei Jahren versuchte Murren noch mit allen Mitteln, aus dem gigantischen Projekt auszusteigen. Er befürchtete Schlimmes, weil die Einnahmen aus dem Glücksspiel im Zuge der Rezession einzubrechen begannen. Allerdings wurde mit dem Bau bereits 2004, inmitten der Hochkonjunktur, begonnen. Deshalb war es zu spät. Ein Baustopp wäre teurer gekommen als die Fertigstellung.

Und nun sitzt MGM Mirage auf einem fertigen Vergnügungspark mit 6000 Hotelbetten, die zur Eröffnung nur zu einem Drittel belegt waren – obwohl der Preis für eine Übernachtung schon auf 159 Dollar gesenkt worden war – inklusive eines Gutscheins in Höhe von 75 Dollar zur Konsumation von Speisen und Getränken. „Diese Zahlen machen mich von Tag zu Tag nervöser“, sagt Joe Fath, Analyst bei der Investmentfirma T. Rowe Price.

Eine zweijährige Talfahrt. Tatsächlich befindet sich die Glücksspielindustrie in Las Vegas in ihrer schwersten Krise seit den 1970er-Jahren. Seit Ende 2007 vergeht kein Monat, in dem die Einkünfte aus dem Glücksspiel nicht zurückgehen. In den ersten zehn Monaten des Vorjahres verspielten die Gäste am „Strip“ laut „Las Vegas Convention and Visitors Authority“ 4,6 Mrd. Dollar, das sind um 12,3 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2008. Seit Dezember 2007 gingen die Einnahmen um ein Viertel zurück. Doch nicht nur die großen Zocker bleiben aus, auch die Touristen fehlen. 2009 kamen rund 36 Millionen Menschen, um vier Prozent weniger als im Jahr zuvor.

Trotz der fehlenden Gäste dürften in den kommenden zwei Jahren bis zu 30.000 Hotelbetten zu den 140.000 bestehenden dazukommen. Das Problem: Genauso wie im Fall des „City Center“ wurden die meisten Projekte im Zuge der Hochkonjunktur in Angriff genommen. Zwar stehen viele von ihnen momentan auf „Halt“. Sobald die Wirtschaft wieder anspringt, sollen die zahlreichen Wolkenkratzer aber fertiggestellt werden.

Durch diese Investitionen sollen nicht zuletzt verloren gegangene Besucher aus Asien zurückgeholt werden. Das chinesische Macao hat Las Vegas mittlerweile als größte Glücksspielmetropole abgelöst. Seit 2006 übersteigen die Umsätze der rund 30 Casinos in der einstigen portugiesischen Enklave jene der Konkurrenten in Las Vegas.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2010)

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