Hedgefonds-Attacke: Euro soll auf Dollar-Niveau fallen

Symbolbild: Heuschrecke
Symbolbild: Heuschrecke(c) Die Presse (Fabry Clemens)
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Die Großen der Hedgefonds-Szene trafen sich in New York zum Abendessen – und stimmten ihre Wetten gegen den Euro ab: Bis Jahresende soll er auf Dollarniveau fallen.

Wien. Zur Wahl standen Hühnchen in Zitronenmantel und Filet Mignon. Serviert und ausgetauscht wurden aber auch Geschäftsideen und Markteinschätzungen, zwanglos und in intimer Runde. Eingeladen hatte eine kleine, feine Brokerfirma, zum „idea dinner“ in ein feudales Stadthaus an Manhattans Upper East Side.

Gekommen waren Manager aus der Crème de la Crème der amerikanischen Hedgefonds-Szene: von SAC Capital, Advisors LP, Greenlight und auch vom Fonds der Investorenlegende George Soros.

Der eine setzt auf Gold, weil er eine höhere Inflation erwartet. Der andere meint, dass die Griechenland-Krise auch die USA anstecken wird. Aber bei einem Thema nicken alle: Der Euro wird gegen den Dollar verlieren. Ziemlich viel sogar: Bis zum Jahresende, meinen die Spekulanten, werden die europäische und die US-Währung gleich viel wert sein. Und darauf wollen sie alle wetten, um viele Milliarden.

Nur ein harmloser Gedankenaustausch von Investoren? Oder eine unerlaubte Absprache unter Konkurrenten, die die bekannt strengen US-Wettbewerbshüter auf den Plan rufen müsste? Mit vereinten Kräften können Hedgefonds weit wirkungsvoller spekulieren.

Dabei genügt es zu wissen, dass die anderen in die gleiche Richtung wetten. Das Treffen am 8. Februar war nicht geheim. Dass es nun in allen Details bekannt wurde, ist einem Informanten des „Wall Street Journal“ zu verdanken. Zumindest bis jetzt sind die Regulatoren nicht eingeschritten.

In der Eurozone aber läuten die Alarmglocken. Zwar ist der Druck auf den Euro nichts Neues – seit dem Dezember, als die Haushaltsprobleme in Südeuropa publik wurden, ist der Wert der Einheitswährung von 1,51 auf 1,36 Dollar gesunken. Aber eine Euro-Dollar-Parität ist ein Horrorszenario, das auf dem Währungswettmarkt bis jetzt noch als sehr unwahrscheinlich galt – die Quoten (ausgedrückt im Marktpreis einer Put-Option) liegen bei 1:14. Könnte die geballte Macht einiger großer Hedgefonds den Euro in die Knie zwingen? Soros hat es allein vorgemacht, als er 1992 eine starke Abwertung des britischen Pfund erzwang. Der Vergleich liegt nahe – und hinkt trotzdem: Das Volumen im Währungshandel ist seither stark gestiegen, der Euro ein ganz anderes Kaliber als das Pfund.

„Angriffe“ gegen Griechenland

Um zumindest 1,2 Bio. Dollar wird der Euro täglich gehandelt. 600 Bio. Dollar sind es jährlich auf dem gesamten Währungsmarkt. Dass die negativen Wetten der Hedgefonds trotz dieser gigantischen Mengen im Verdacht stehen, zerstörerische Angriffswaffen gegen Währungen und Länder zu sein, liegt am System der Leerverkäufe.

Ohne die Werte tatsächlich zu besitzen (Aktien werden ausgeliehen, Währungen über Kredite besorgt), verkaufen die Fonds große Volumina und drücken schon dadurch den Kurs. Fallen die Notierungen wie erwartet weiter, können sie die „Ware“ billig zurückkaufen und dem Verleiher retournieren. Steigt der Kurs, machen sie ein gewaltiges Verlustgeschäft.

Mit dem gleichen Prinzip haben Hedgefonds und Wall-Street-Banken in den letzten Wochen die Preise der Ausfallsversicherungen für griechische Staatsanleihen mit nach oben getrieben – und damit den Druck auf die EU erhöht, einen Bankrott ihres Mitgliedstaates zu vermeiden. Und ein Dinner-Gast, Greenlight-Präsident David Einhorn, erkannte 2008 als einer der Ersten, dass Lehman Brothers ein Pleitekandidat war.

Seine Leerverkäufe haben den Ausbruch der Finanzkrise zumindest ein klein wenig beschleunigt– wie wenig oder stark, darüber streiten sich die Gelehrten. Dahinter steht die Frage, ob und wie die Geschäfte von Hedgefonds künftig eingeschränkt oder reguliert werden sollen. Davon betroffen sind nicht nur reiche Investoren, die ihre üppigen Portfolios mit kleineren Hedgefonds-Positionen gegen Baissephasen absichern. Auch Unternehmen und Banken „hedgen“ sich längst in großem Stil gegen Währungs-, Zins- und Materialpreisrisken. So komplex wie die auf nichts gebauten Geschäfte selbst sind ihre Verflechtungen mit der höchst realen Wirtschaft.

Auf einen Blick

US-Hedgefonds waren sich bei einem informellen Treffen einig, dass es bis Jahresende zu einer Euro-Dollar-Parität kommen wird. Wurden dabei negative Wetten akkordiert, könnte eine verbotene Absprache vorliegen. Allerdings hat der Euromarkt ein so großes Volumen, dass er auch von Gruppen von Spekulanten nur schwer zu beeinflussen ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2010)

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