Neue "Blase": 40 Prozent der US-Banken bedroht

Neue Blase Prozent USBanken
Neue Blase Prozent USBanken(c) REUTERS (� Stringer Shanghai / Reuters)
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Bei den Krediten drohen Ausfälle in der Höhe von 700 Mrd. Dollar. Etwa die Hälfte der Kredite ist zum jetzigen Zeitpunkt schlecht – das heißt, der Kreditnehmer schuldet mehr Geld, als seine Immobilie wert ist.

WASHINGTON/WIEN (ag./rie). Die Welt erholt sich gerade langsam von den Folgen der letzten Immobilienblase, die in den USA geplatzt ist. Da steht schon die nächste vor der Tür: Diesmal drohen Milliardenausfälle bei den Gewerbeimmobilien. Ein US-Kongressausschuss glaubt, dass fast die Hälfte der Kredite – 700 Milliarden Dollar – wackeln. Die Folgen für die Wirtschaft wären fatal: 40Prozent der amerikanischen Banken könnte die Pleite drohen.

Die derzeitige Weltwirtschaftskrise lösten private amerikanische Hauskredite aus, die in Zeiten des Immobilienbooms großzügig vergeben worden waren und am Ende von den Gläubigern nicht mehr bedient werden konnten. Die Summe, auf die sich allein die risikoreichen, sogenannten „Subprime“-Kredite in den USA beliefen: 600 Milliarden Dollar (laut den letzten aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2007).

Leerstehende Büros

Bei den gewerblichen Immobilien geht es jetzt um ganz ähnliche Summen. Als der Immobilienmarkt wuchs, wurden Restaurants, Shoppingcenter, Bürogebäude, Appartementanlagen und Hotels in Rekordmengen errichtet. Zwischen 2010 und 2014 sind die Kredite für den Bauboom nun fällig, insgesamt 1,4 Billionen Dollar (im Gegensatz zu Privatkrediten werden Gewerbekredite in den USA nicht monatlich zurückgezahlt, sondern sind endfällig).

„Etwa die Hälfte der Kredite ist zum jetzigen Zeitpunkt schlecht – das heißt, der Kreditnehmer schuldet mehr Geld, als seine Immobilie wert ist“, heißt es in einem aktuellen Bericht des Kontrollausschusses des US-Kongresses, der sich mit der staatlichen Bankenhilfe beschäftigt. Analysten der Deutschen Bank rechnen sogar damit, dass 65Prozent der zur Refinanzierung anstehenden Hypotheken ausfallgefährdet sind.

Für die katastrophale Entwicklung gibt es mehrere Gründe: Einmal haben die Gewerbeimmobilien seit 2007 etwa 40Prozent ihres Wertes verloren. Dazu kommt die angespannte Mietsituation: „Acht Prozent der Wohnanlagen und 18 Prozent der Bürogebäude stehen leer“, so der Ausschuss. Und wenn man vermieten kann, dann nur mit massiven Abschlägen: In den vergangenen Jahren sanken die Mieten für Büros um 40Prozent, jene für Verkaufsflächen um 33 Prozent. Es fehlt also schlicht das Geld, um die Kredite zu bedienen. Am Ende bleiben vor allem die Banken übrig: Ab 2011 drohen ihnen Kreditausfälle in Höhe von 200 bis 300 Milliarden Dollar. Welche Auswirkungen das haben wird, ist nur abzuschätzen. Denn der „Stresstest“, dem die Regierung 19 große Banken unterzog, berücksichtige deren Finanzsituation nur bis Ende 2010. Banken kleinerer und mittlerer Größe wurden überhaupt nie einem Stresstest unterzogen. Und sie sind es, die in erster Linie die Gewerbeimmobilien finanzierten.

„Sehr, sehr ernstes Problem“

„Wir haben 2988 Banken, die eine gefährliche Häufung dieser Kredite haben“, erklärte die Vorsitzende des Kontrollausschusses, Elizabeth Warren, diese Woche in einem Interview mit dem US-Sender CNBC. Das sind etwa 40Prozent der insgesamt 7560 in den USA registrierten Banken. Warren: „Wir haben ein sehr, sehr ernstes Problem.“

Als wäre diese Situation alleine nicht schlimm genug, registrieren Ökonomen einen erneuten Rückgang des privaten Konsums in den Vereinigten Staaten, deren BIP zu 70Prozent von der Laune der Verbraucher abhängt. Zwar ist die Sparquote von einem Rekordwert von 6,9Prozent im Mai 2009 auf 3,1Prozent zurückgegangen. Sie stieg aber wieder auf 3,4Prozent im März 2010.

Zum Rückgang dürfte im zweiten Halbjahr 2010 auch das Auslaufen staatlicher Programme beitragen – etwa des „Homestar“-Programms, das thermische Sanierung und den Austausch von Haushaltsgeräten fördert.

Gar nicht zu sprechen von den staatlichen Finanzproblemen. Der britische Historiker Niall Ferguson warnte in der Zeitschrift „Foreign Affairs“ vor den steigenden Schulden: Wenn es nicht massive Einsparungen gebe, müssen die USA im Jahr 2019 bereits 17Prozent ihrer Budgeteinnahmen für den Schuldendienst aufwenden.

Zum Vergleich: Für den größten Budgetbrocken, die Verteidigung, wenden die USA 23Prozent auf.

AUF EINEN BLICK

Bei Gewerbeimmobilien droht die nächste Blase zu platzen. In Zeiten des Booms wurden unter anderem Restaurants, Hotels und Einkaufszentren im Wert von 1,4 Billionen Dollar errichtet. Die Hälfte dieser Kredite wackelt nun, weil die Immobilien massiv an Wert verloren haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2010)

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