Hilfspaket verschafft Griechenland Luft

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Die Märkte reagieren ohne Euphorie auf Milliarden-Hilfszusagen von EU und IWF. Der Euro gewinnt leicht, die Rendite griechischer Staatsanleihen sinkt. Athen gewinnt Zeit für Budgetreformen.

Frankfurt/Athen (Red./Ag). Griechenland ist gerettet – aber nur vorerst. Das ist die ziemlich einhellige Ansicht von Experten am Tag nach der Verkündigung des Rettungspakets von EU und IWF, das den Griechen wie berichtet den Zugriff auf Darlehen über 45 Mrd. Euro zu einem relativ günstigen Zinssatz von rund fünf Prozent sichert. Auf dem Kapitalmarkt hatten die Griechen zuletzt bis zu 7,4 Prozent für die Aufnahme von Staatsanleihen bezahlt.

Mit dieser De-facto-Zinssubvention ist Griechenland vorerst die gröbsten Sorgen los: Der gesamte Refinanzierungsbedarf des Landes wird für den Rest des Jahres auf rund 32 Mrd. Euro geschätzt, bis Mitte 2011 ist das Land also nicht mehr auf den Kapitalmarkt angewiesen – falls dieser zu hohe Risikoaufschläge verlangt. Denn die 30 Mrd. Euro von der EU und die 15 Mrd. Euro vom Internationalen Währungsfonds fließen ja nicht sofort, sondern sind lediglich Kreditzusagen, die im Fall des Falles abgerufen werden können. Die Regierung in Athen hätte theoretisch jetzt also ein wenig Luft, um das völlig entgleiste Budget wieder halbwegs ins Lot zu bringen.

Das trauen die Finanzmärkte den Griechen aber offenbar nur sehr eingeschränkt zu: Die Euphorie über das Rettungspaket dauerte an den Märkten Montagfrüh nur ein paar Stunden. Danach kamen Aktienkurse und Euronotierung wieder unter Druck.

Am Morgen hatte es noch nach einem echten Kursfeuerwerk ausgesehen: Der Athener Börsenindex schoss um mehr als fünf Prozent hoch, auch die wichtigsten europäischen Börsenindizes – etwa der Frankfurter DAX oder der Pariser CAC40 – eröffneten deutlich im Plus. Der Euro, der unter den Problemen des Eurolandes Griechenland ganz besonders leidet, legte um mehr als einen Cent auf fast 1,37 Dollar zu.

Allerdings: Schon zu Mittag waren die Gewinne von DAX und ATX wieder verpufft, der Euro grundelte wieder unter 1,36 Dollar dahin. Relativ gut hielten sich nur Finanzwerte, etwa Banken. Die hätten bei einem Zahlungsausfall Griechenlands hohe Kreditabschreibungen gehabt – und profitieren von der Hilfe deshalb jetzt besonders stark.

An den Börsen wurde der schnelle Rückfall der Kurse damit begründet, dass sich die Unsicherheiten an den Märkten mit dem Hilfspaket zwar deutlich verringert hätten, Griechenland jetzt aber erst einmal beweisen müsse, dass es seine Defizitprobleme tatsächlich in den Griff bekommt. Zwar ist die jetzige Milliardenhilfe nicht mit weiteren konkreten Auflagen für das Land verbunden. Aber die Griechen haben ja selbst für die bisher geplanten Defizitreduktionen noch keine allzu konkreten Maßnahmen vorgelegt. Und Beobachter erwarten, dass die Bedingungen bei einem tatsächlichen Abruf der Hilfsgelder nachträglich verschärft werden.

Die Regierung in Athen werde also versuchen, möglichst viel Geld über den normalen Kapitalmarkt aufzutreiben und das Hilfspaket nur im äußersten Notfall in Anspruch zu nehmen.

Hoher Geldbedarf im Mai

Ob das gelingt, ist eine andere Frage. Eine große Hürde türmt sich schon im kommenden Mai auf: Da müssen Staatsanleihen im Volumen von fast zwölf Mrd. Euro refinanziert werden. Ob das auf dem Markt zu vernünftigen Konditionen gehen wird, ist noch nicht so sicher.

In der Zwischenzeit will Athen zwei wichtige Reformen auf den Weg bringen: eine Pensionsreform und ein neues Steuergesetz, das den Griechen höhere Steuern bescheren wird. Und zwar recht ordentlich: Immerhin muss das Land sein Budgetdefizit schon heuer von 12,7 auf 8,7 Prozent drücken. Und im kommenden Jahr die Maastricht-Defizitgrenze von drei Prozent erreichen.

Eine Auswirkung hat das Hilfspaket – egal, ob es jetzt in Anspruch genommen wird oder nicht – auf jeden Fall: Die sehr hohen Risikoaufschläge für griechische Staatsanleihen, die den Haushalt zusätzlich belasten, gehen scharf zurück. Zur Spitzenzeit mussten die Griechen annähernd 7,4 Prozent für ihre Staatsanleihen bezahlen. Ein Aufschlag von 4,5 Prozentpunkten gegenüber den Zinsen, die dem Euroland Deutschland verrechnet wurden. Montagfrüh ging der Risikoaufschlag auf 3,5 Prozentpunkte zurück. Die Rendite zehnjähriger griechischer Staatsanleihen fiel damit auf 6,66 Prozent.

Unterdessen beeilten sich die „Geberländer“ – das sind die EU-15 ohne Griechenland – zu versichern, dass die Griechenland-Hilfe kein „Geldgeschenk“ sei, sondern aus Darlehen bestehe, für die Zinsen und Haftungsentgelte zu bezahlen seien. Den größten Teil (27,92 Prozent oder 8,37 Mrd. Euro) trägt Deutschland. Österreich müsste im Ernstfall 2,86 Prozent oder 858 Mio. Euro beisteuern.

Während Griechenland vorerst gerettet scheint, geht die Angst vor weiteren Staatsfinanzkrisen um. Als heißester nächster Kandidat gilt derzeit das Nichteuroland Großbritannien, aber auch Portugal, Spanien und Italien sind gefährdet.

AUF EINEN BLICK

Leichte Entspannung hat die Zusage von Milliardenhilfen durch IWF und EU an den Aktien- und Währungsmärkten gebracht. Aktien konnten nach frühen Kursgewinnen kaum profitieren, der Euro legte nur leicht zu. Der Markt zweifelt offenbar an der Fähigkeit Athens, rigorose Sparmaßnahmen durchzuziehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2010)

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