IWF beginnt Arbeit in Griechenland

beginnt Arbeit Griechenland
beginnt Arbeit Griechenland(c) Reuters (Yves Herman)
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Währungsfonds wird für Hilfspaket von Athen 3,26 Prozent Zinsen verlangen. Über den tatsächlichen Gesamtbetrag wird vor allem in Brüssel und Berlin wild spekuliert.

BRÜSSEL. Die Eurozone ist nur mehr einen Brief davon entfernt, erstmals in ihrer Geschichte eines ihrer Mitglieder vom Internationalen Währungsfonds (IWF) vor der Zahlungsunfähigkeit retten zu lassen. „Unser Team kommt am Montag in Athen an, um die Verhandlungen mit der griechischen Regierung zu beginnen“, sagte Caroline Atkinson, die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit des IWF, am Donnerstag in Washington.

Sie hielt aber fest, dass Griechenland nicht um Kredit gebeten habe, sondern nur um den Beginn von Verhandlungen über die Bedingungen eines Darlehens vom IWF. „Wir hatten kein Ansuchen um finanzielle Hilfe. Aber wir sind jederzeit bereit zu helfen. Es geht jetzt um zwei Schlüsselelemente: den Betrag der benötigten Finanzierung und die erforderlichen Politiken“, welche die griechische Regierung im Gegenzug als Bedingung für die Gewährung der Budgethilfe umsetzen muss. Auch das griechische Finanzministerium erklärte in einer Aussendung, nur um den Beginn der Verhandlungen, nicht aber um Geld angesucht zu haben.

30 Mrd. Euro von Euroländern

Atkinson nannte auch die Zinssätze, die Athen für IWF-Darlehen zahlen muss. „Für einen Betrag von bis zu drei Mrd. Euro würde ein Zinssatz von 1,26 Prozent anfallen. Darüber wären es 3,26 Prozent.“ Tatsächlich wird der Anteil des IWF an einem eventuellen Paket aus bilateralen Krediten der anderen 15 Euroländer und des IWF deutlich mehr als drei Mrd. Euro betragen. Über den Gesamtbetrag wird vor allem in Brüssel und Berlin wild spekuliert. Vergangenen Sonntag hatten sich die Finanzminister der Eurozone geeinigt, im ersten von drei Jahren eines solchen Einsatzes selbst bis zu 30 Mrd. Euro zu einem Zinssatz von rund fünf Prozent beizutragen.

Der IWF-Anteil dürfte, nachdem die Europäer etwa drei Viertel des Gesamtbeitrags beisteuern wollen, ungefähr zehn Mrd. Euro betragen. Atkinson wollte sich nicht auf Zahlenspiele einlassen. „Wir sind nicht in der Lage, einen Betrag anzugeben, der erforderlich ist. Das wird sich klären, wenn die Verhandlungen voranschreiten.“ Auch einen Zeitrahmen für den Abschluss der Verhandlungen, die in Abstimmung mit der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank geführt würden, gab sie nicht an.

Somit hat der IWF die Führungsrolle bei der Unterstützung Griechenlands in der Aufgabe, die Neuverschuldung von knapp zwölf Prozent der Wirtschaftsleistung binnen drei Jahren unter drei Prozent zu drücken. Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute begrüßen das. Sie fordern in ihrer am Donnerstag veröffentlichen Gemeinschaftsdiagnose des Zustands der Weltwirtschaft die Führungsrolle des IWF, „um die Funktionsfähigkeit der Währungsunion nicht weiter zu beschädigen“.

Deutscher Rüffel für Kommission

Im selben Atemzug kanzeln die Ökonomen in ihrer im Auftrag des Berliner Wirtschaftsministeriums erstellten Diagnose die Kommission ab. Der Internationale Währungsfonds könne „glaubwürdiger als eine EU-Einrichtung drohen, dass Finanzhilfen bei Nichtbefolgung von Auflagen nicht erfolgen. Über die Jahre wurde deutlich, dass die Europäische Kommission nicht in der Lage ist, die Einhaltung der Regeln durchzusetzen“, heißt es in der Diagnose.

Sollte Athen um die Aktivierung des Programms ansuchen, droht Ungemach aus Deutschland. Denn erstens besteht Finanzminister Wolfgang Schäuble darauf, dass der Bundestag über die Freigabe des deutschen Löwenanteils von 8,4 Mrd. Euro abstimmt. Ob das nötig ist, ist strittig, weil Deutschland streng genommen keinen Kredit an Athen vergeben würde, sondern Bürgschaften für Kredite der staatlichen Bank KfW.

Zweitens droht der Tübinger Ökonom Joachim Starbatty damit, gegen dieses Paket vor das deutsche Verfassungsgericht ziehen zu wollen, weil er es für eine verbotene Form der Subventionierung innerhalb der Eurozone hält.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2010)

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