EU will Strafen für notorische Budgetsünder

Budgetkrise will Strafen fuer
Budgetkrise will Strafen fuer(c) EPA (Jamal Nasrallah)
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Strafen, wie die Kürzung von Subventionen für Haushaltssünder, werden diskutiert. Euroländer sollen auch griechische Anleihen kaufen. Indes ziehen die Zinsen für griechische Anleihen wieder deutlich an.

Madrid. Ein neuer Rettungsfonds für finanzschwache Eurostaaten, härtere Sanktionen für Schuldensünder und eine verschärfte Kontrolle nationaler Haushalte durch die EU. Das sind die Instrumente, mit denen die Gruppe der Euroländer und die EU-Kommission künftig Schuldenkrisen wie in Griechenland verhindern und den Eurostabilitätspakt stärken will.

Die Finanzminister seien sich grundsätzlich einig, dass für die Zukunft ein „ständiger Krisenmechanismus“ geschaffen werden müsse, sagte der Sprecher der Eurogruppe, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, in Madrid. So sollen stabilitätsgefährdete Mitgliedstaaten rechtzeitig bei ihren Ausgaben gebremst, ihnen geholfen und ein finanzieller Kollaps vermieden werden.

In der spanischen Hauptstadt berieten die Finanz- und Wirtschaftsminister der EU über die Lehren aus Griechenlands drohendem Staatsbankrott. Als potenzieller nächster Krisenkandidat gilt derzeit vor allem Portugal, das von der EU-Kommission aufgefordert worden ist, einen noch schärferen Sparkurs zu fahren. Auch Spanien, Irland und Italien leiden unter riesigen Schuldenbergen.

„Wir haben Mängel bei unserem Überwachungssystem und in unserem Arsenal für Reaktionen entdeckt. Es geht darum, diese Schwäche auszubügeln“, sagte Juncker. Griechenland hat seine Finanzprobleme jahrelang durch falsche Bilanzen verschleiert. Deswegen denkt man nun über eine Ausweitung der Kontrollbefugnisse durch die EU-Kommission nach. Auch härtere Strafen, wie etwa die Kürzung von Subventionen für Haushaltssünder, werden diskutiert.

Die EU-Kommission soll im Mai konkrete Vorschläge für ein „permanentes Hilfsinstrument“ vorlegen, mit dem potenziellen Krisenländern unter die Arme gegriffen werden kann. Hilfszahlungen aus einem Rettungsfonds, dessen Einzelheiten und Höhe freilich noch völlig unklar sind, sollen nach Vorstellung von EU-Währungskommissar Olli Rehn allerdings nur der allerletzte Ausweg sein.

Formell noch kein Antrag

Jüngst hatten die Euroländer ein Rettungskreditpaket für Griechenland über 30 Milliarden Euro beschlossen. Vom Internationalen Währungsfonds (IWF) könnten zusätzlich bis zu 15 Milliarden bereitgestellt werden. Bisher habe Athen aber formell „noch keinen Antrag“ für die Nothilfe gestellt, sagte Juncker.

Am Montag sollen aber, auf Bitte Athens, Gespräche mit EU und IWF über die Einzelheiten der Hilfe anlaufen. Dies wird als Anzeichen einer nahenden Zahlungskrise interpretiert. Griechenland muss derzeit auf den Finanzmärkten über sieben Prozent Zinsen bieten, um seine Staatsanleihen verkaufen zu können – annähernd doppelt so viel wie etwa Deutschland.

Die Finanzmärkte scheinen überzeugt zu sein, dass die „Aktivierung“ des EU-Hilfsplans schneller erfolgen wird, als Griechenland vorgibt: Während die Finanzminister in Madrid das Griechen-Desaster berieten, zogen die „Spreads“ der griechischen Staatsanleihen wieder deutlich an und auch die Versicherung dieser Anleihen gegen Zahlungsausfall wurde wieder teurer. Der Zinsabstand griechischer Anleihen zu deutschen Bundesanleihen kletterte von 4,15 auf 4,25 Prozentpunkte, die Zahlungsausfallversicherung für zehn Mio. Euro griechischer Anleihen stieg von 418.000 auf 423.700 Euro.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble kündigte an, die Euroländer würden im Notfall auch griechische Anleihen aufkaufen. Dies sei eine realistische Variante zur bisher diskutierten Gewährung direkter Kredite. In Deutschland würden solche Anleihenkäufe über die Staatsbank KfW abgewickelt. Für die Anleihen müsste Griechenland in diesem Fall freilich Marktzinsen bezahlen. Die sind derzeit deutlich höher als die rund fünf Prozent Verzinsung, die EU und IWF für ihr Hilfspaket in Aussicht gestellt haben.

Beim Hilfspaket würden die europäischen Steuerzahler nicht direkt zur Kasse gebeten: Die EU-Staaten würden dieses Geld zu ihren Konditionen (die in praktisch allen Fällen deutlich unter fünf Prozent liegen) auf dem Markt aufnehmen und um fünf Prozent an Griechenland weiterverleihen. An dieser Zinssubvention für Griechenland könnten sie also sogar etwas verdienen – vorausgesetzt, Griechenland kann die Schulden tatsächlich zurückzahlen. Wenn nicht, wird es für die europäischen Steuerzahler freilich teuer: Deutschland zahlt im Rahmen des Hilfspakets immerhin mehr als acht Mrd. Euro, Österreich mehr als 800 Millionen. Bisher ist aber nicht klar, ob das Hilfspaket, das die Finanzierung Griechenlands zumindest bis Mitte des kommenden Jahres sichert, ausreichen wird.

AUF EINEN BLICK

Die Finanzminister der EU-Länder berieten am Freitag in Madrid die Einführung von Sanktionen für Budgetsünder. Die EU-Hilfe für Griechenland ist offiziell noch nicht „aktiviert“ worden, die Finanzmärkte rechnen aber damit, dass Griechenland bald ein Hilfeansuchen stellen wird. Griechische Staatsanleihen wurden wieder teurer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2010)

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