Ökonomen: "Euro ist nicht so leicht zu knacken"

Wifo-Chef Aiginger und IHS-Chef Felderer
Wifo-Chef Aiginger und IHS-Chef Felderer(c) APA (Robert Jaeger)
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Das Euro-Stabilisierungspaket sei ein wichtiges Signal an die Finanzmärkte, sagen IHS-Chef Felderer und Wifo-Chef Aiginger. Sie glauben nicht, dass die Haftungen von bis zu 13 Mrd. Euro für Österreich schlagend werden.

IHS-Chef Bernhard Felderer und Wifo-Chef Karl Aiginger bewerten das 750 Milliarden schweren Euro-Stabilisierungspaket als ein wichtiges Signal an die Finanzmärkte.

"Schutzschirm gegen Spekulanten"

"Der Euro ist nicht so leicht zu knacken", sagt der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Wirtschaftsforscher Bernhard Felderer. Diese Nachricht hätten die Märkte offenbar verstanden und die Beruhigung habe eingesetzt, nachdem die Spekulationskrise am Wochenende ihren Höhepunkt erreicht hatte. Felderer wertet die EU-Aktion als "vernünftige Lösung" - "viele andere Möglichkeiten haben sie ja nicht gehabt".

Es sei sehr positiv, dass die EU erstmals präventiv handle, bevor ein Problem wirklich eingetreten sei, stimmt auch Wifo-Chef Karl Aiginger zu. "Ein Schutzschirm wird aufgespannt, der verhindert, dass Spekulationen gegen kleine Länder erfolgreich sind, die letzten Endes gegen den Euro insgesamt gerichtet wären", erläuterte er.

Euro muss nicht krampfhaft hochgehalten werden

Kritisch sieht IHS-Chef Felderer die Ansicht, wonach der Euro in einer bestimmten Relation zum Dollar gehalten werden müsse. Der Euro-Kurs von 1,30 liege deutlich über der Kaufkraftparität, ein Absinken auf 1,20 zum Dollar wäre laut Felderer kein größeres Problem. Eine Korrektur auf 1,20 wäre aus wirtschaftlichen Gründen nicht schlimm.

Der Schwerpunkt müsse eher bei der Stabilisierung der verschuldeten Staaten liegen: Eine Ansteckung von Spanien und Portugal angesichts der Krise um Griechenland sei befürchtet worden, beide Länder hätten während der Krise hohe Defizite gemacht. Italien hingegen habe während der Krise sein Defizit völlig im Griff gehabt.

Keine Gefahr für Stabilität der Währung

Die nun ermöglichten Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) sollen die Banken in den verschuldeten Ländern stützen, die nun ihre Staatspapiere jederzeit an die EZB verkaufen und sich damit refinanzieren können. Allerdings wird durch diesen Schritt die Geldmenge erweitert, die Rücknahme der Geldmenge durch die EZB, die seit einigen Monaten betrieben werde, wird unterbrochen. Eine Gefahr für die Stabilität der Währung sieht Felderer dadurch zwar nicht, aber eine zusätzliche Schwierigkeit. "Die EZB wird schon wieder zu ihrer Politik zurückkehren, die Maßnahmen zur Verminderung der Liquidität sind im Laufen", ist er zuversichtlich.

Auf den Märkten sei soviel Hysterie und Spekulation im Spiel, dass das Euro-Stabilitätspaket vor allem eine Demonstration sei, "dass sich Europa nicht kleinkriegen lässt". Der Wirtschaftsforscher glaubt nicht, dass die Kredite bis 750 Milliarden Euro eingesetzt werden, sondern dass nun eine riesige Summe in der Hinterhand gehalten wird. Das Signal an die Märkte lautet - "Wenn notwendig wird das alles eingesetzt" - damit sollen die Erwartungen der Märkte auf eine Abwertung des Euro in Grenzen gehalten werden und die Stabilisierung von Ländern wie Portugal und Spanien betrieben werden.

Ein Einbremsen der Spekulationen durch Regulierung hält Felderer nicht für machbar. Auch früher habe es Spekulationen gegen Währungen gegeben, die betroffenen Länder mussten dann mit Abwertung reagieren. Das "weltweit vagabundierende Kapital" nehme aber ständig zu, dadurch müssten die Abwehrmechanismen robuster gestaltet werden.

"EU wirft ihre ganze Wirtschaftskraft dagegen"

Wifo-Chef Aiginger wiederum meint, dass der nun geschaffene Mechanismus den Spekulanten klar machen solle, das es nicht leicht sei gegen ein Land zu spekulieren, "weil die EU ihre ganze Wirtschaftskraft dagegen wirft". Drei Töpfe - vom IWF (250 Milliarden Euro), EU (60 Milliarden Euro) und Euro-Staaten (plus Polen und Schweden) (450 Milliarden Euro) würden garantieren, dass für jeden Fall und zu jedem Zeitpunkt Geld vorhanden sei - "das ist der Charme bei der Sache".

Durch die starke Einbindung des IWF könne von den betroffenen EU-Ländern Budgetdisziplin eingefordert werden. Bei der Konsolidierung dürfe aber nicht darauf vergessen werden, dass Europa wieder stärker wachsen muss. Auch die Defizitländer dürften ihre Produktion nicht zu stark senken. "Nur mit Kaputtsparen geht es nicht", meint Aiginger. Die Ausgaben müssten wachstumswirksamer werden, die Wettbewerbssituation gestärkt werden.

Keine Inflationsgefahr

Teil der Lösung ist auch dass die Europäische Zentralbank (EZB) Anleihen kaufen kann. Anlass zur Sorge sieht der Wifo-Chef dadurch nicht. Dies geschehe vonseiten der US-Notenbank Fed ständig. Inflationsgefahr ortet Aiginger keine, denn Inflation trete bei überausgelasteten Kapazitäten ein. "Das ist bei weitem nicht der Fall". Wenn die Konjunktur anhaltend gut sei, müsse die Geldpolitik wieder restriktiver werden.

Die nun im Euro-Stabilisierungspaket beschlossenen Garantien bedeuten für Österreichs Budget keine direkte Belastung. Der Anlassfall könnte auch gar nie eintreten, voraussichtlich werde die Maßnahme also für den Steuerzahler kostenlos bleiben, erwartet Aiginger. Wenn den Spekulationen gegen Griechenland, Portugal und Spanien freier Lauf gelassen worden wäre, wäre das Ergebnis jedenfalls schlechter.

Die massiven Spekulationen gegen kleinere Euro-Ländern rufen in Erinnerung, dass die Reform der Finanzmärkte noch nicht durchgeführt wurde. "Eine Finanztransaktionssteuer hätte diese Spekulationen zumindest verteuert", meint Aiginger.

(APA)

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