„Saubere“ Produktionsketten

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Damit in der „Supply Chain“ - der Lieferkette, von der Rohstoffgewinnung bis zum Vertrieb - nichts schiefgeht, müssen auch die Zulieferer mitspielen.

Corporate Social Responsibility (CSR) wird von vielen heimischen Unternehmen noch immer gerne mit Marketingmaßnahmen verwechselt, das steht für Experten fest. Sie warnen davor, die Notwendigkeit einer sozialen und ökologischen Unternehmensführung zu unterschätzen oder das Thema auf die leichte Schulter zu nehmen: Imageschäden, die dadurch entstehen können, seien nur äußerst schwer wieder aus der Welt zu schaffen.

Ein erfolgversprechender Ansatz, um nicht in diese Falle zu tappen, ist das Bemühen um „Supply Chain Excellence“ – also um die Optimierung der gesamten Lieferkette, von der Rohstoffgewinnung bis zum Vertrieb, im Hinblick auf Nachhaltigkeits- und ethische Kriterien. „Supply Chain Excellence ist vor allem in Branchen gegeben, die eine lange Tradition mit Qualitäts- und Umweltmanagementsystemen haben“, so André Martinuzzi, Vorstand des Research Institute for Managing Sustainability der WU-Wien. Vor allem sei das bei den Herstellern von komplexen Konsumgütern, wie etwa in der Automobilindustrie, der Fall – schließlich hätten hier technische Fehler fatale Folgen für das Image der Unternehmen.

Die Vorreiterrolle der Automobilindustrie bestätigt auch Philipp Gaggl, Experte für Sustainable Business Solutions bei PricewaterhouseCoopers (PWC): „Hersteller wie etwa BMW oder VW haben einen strengen Code of Conduct – also Verhaltensregeln – definiert, dessen Einhaltung sie nicht nur von ihren Zulieferern verlangen, sondern auch überprüfen.“

Produkt, Mitarbeiter, Zulieferer

Als weiteres Beispiel für eine nachhaltige Supply Chain nennen CSR-Experten gern die Zotter Schokoladen Manufaktur. Der steirische Familienbetrieb rühmt sich damit, als einziger europäischer Hersteller „von der Bohne weg“ ökologischen und sozialen Kriterien zu entsprechen. So werde der Kakao von ausgewählten Bauern aus Brasilien bezogen, die Milch von Tiroler Biobergbauern. Bei der Verpackung würden wiederum ausschließlich umweltfreundliche Farben eingesetzt und auf eine Glanzbeschichtung verzichtet.

Auch beim heimischen Solarkollektorenspezialisten Ökotech sind Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung stark im Firmenleitbild verankert. Und zwar nicht nur hinsichtlich des Produktes selbst, sondern auch bei dessen Herstellung, bis hin zur Auswahl der eigenen Mitarbeiter. Das Unternehmen bildet Menschen mit Behinderung aus und gibt ihnen die Möglichkeit, dort im Rahmen eines vollversicherten und kollektivvertraglich geregelten Dauerarbeitsverhältnisses tätig zu sein. Das Projekt – das heuer für die CSR-Auszeichnung „Trigos“ nominiert wurde – läuft inzwischen bereits seit mehr als 16 Jahren, der Anteil der Mitarbeiter mit Handicap im Unternehmen beträgt etwa 50 Prozent.

Alles in allem wächst der Anteil der Unternehmen, die ethische Kriterien berücksichtigen. Wer hier aber wirklich konsequent sein will, muss auch seine Zulieferer daran binden – und das ist oft der schwierigste Teil der Übung. Laut Gaggl genügt es nicht, einen Code of Conduct zu formulieren und diesen von seinen Lieferanten unterschreiben zu lassen. „Es muss darüber hinaus ein systematisches Monitoring und Controlling durchgeführt werden, das eine ähnliche Qualität aufweist wie die finanzielle Berichterstattung.“ Viele Unternehmen würden das Thema CSR jedoch der Marketingabteilung „umhängen“ – und damit riskieren, den Konsumenten gegenüber unglaubwürdig zu werden.

Tatsächlich ist die Liste der schlechten Beispiele und Pannen lang. So behauptete etwa eine irische Billigmodekette in der Vergangenheit gern, eine „Ethical Trading“-Politik zu verfolgen, die ihren Zulieferern Kinderarbeit oder Sweatshops strengstens untersagt. BBC-Recherchen ergaben jedoch, dass Zulieferer des Unternehmens nicht nur in indischen Slums Kinder beschäftigen, sondern auch illegale Arbeitskräfte in einem Sweatshop in Manchester – zum damaligen Stundenlohn von rund vier Euro.

Zu wenige Anreize?

PWC-Experte Gaggl sieht auch in Österreich noch Nachholbedarf. Das bestätigt der „Oekom Corporate Responsibility Review 2010“: Demnach liegt die Alpenrepublik an vorletzter Stelle, was die Qualität der Nachhaltigkeitsberichterstattung betrifft. Nur die USA schneiden noch schlechter ab. Spitzenreiter ist derzeit Spanien, gefolgt von den Niederlanden. Auch Italien macht als Viertplatzierter gute Figur. Für Martinuzzi liegt das jedoch in erster Linie an den steuerlichen Anreizen, die die Regierungen dieser Länder geschaffen haben. „Ich vermisse seitens der Politik einen effektiven Dialog über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für nachhaltiges Wirtschaften. Was wir derzeit sehen, kann nur als Symptombehandlung bezeichnet werden“, kritisiert er – und wünscht sich für Österreich ähnlich starke Impulse, wie sie in anderen EU-Ländern gegeben sind. So seien etwa in Schweden Pensionsfonds dazu verpflichtet, ausschließlich nach nachhaltigen Kriterien zu investieren. In den Niederlanden gehe die öffentliche Hand bei ihrer Beschaffung CSR-konform vor. Martinuzzi: „Gäbe es das auch in Österreich, würden echte Wettbewerbsvorteile für CSR-Unternehmen entstehen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2010)

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