USA: Europas Großbanken im Fadenkreuz

Europas Grossbanken Fadenkreuz
Europas Grossbanken Fadenkreuz(c) EPA (LUKAS BARTH)
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Die Deutsche Bank und die UBS stehen im Visier der US-Börsenaufsicht und des New Yorker Generalstaatsanwalts Cuomo. Der Verdacht: Sie sollen die Ratingagenturen bei Spekulationsdeals manipuliert haben.

WASHINGTON. Landet demnächst auch Josef Ackermann, der Chef der Deutschen Bank, auf der harten Bank eines Kongress-Untersuchungsausschusses in Washington? Die US-Börsenaufsicht SEC und der New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo, die Hand in Hand arbeiten, haben das Flaggschiff der deutschen Finanzbranche nebst sieben weiteren renommierten Bankhäusern ins Visier ihrer Untersuchungen über dubiose Geschäftspraktiken genommen. Die Vorerhebungen der Justizbehörden erstrecken sich neben Goldman Sachs nun auf Morgan Stanley, Citigroup und Merill Lynch – und erstmals auch auf europäische Institute wie die Deutsche Bank, die UBS, Credit Suisse und Crédit Agricole.

Spitze des Eisbergs

Damit stehen Goldman Sachs und dessen Chef Lloyd Blankfein nicht mehr allein am Pranger. Die SEC hat gegen die finanzkräftigste Wall-Street-Bank vor einem Monat eine Zivilklage wegen Betrugs eingebracht und bereits damals angekündigt, auch gegen andere Banken Ermittlungen eingeleitet zu haben. Finanzexperten sprachen ohnehin von der „Spitze eines Eisbergs“.

Laut US-Medienberichten sei den sieben Banken indes noch kein formelles Schreiben über die Untersuchungen zugegangen, weshalb sie sich zunächst auch eines Kommentars enthielten. Einzig Morgan-Stanley-Chef James Gorman wies den Verdacht zurück. Morgan Stanley hatte 2007 neun Milliarden Dollar bei riskanten Deals verloren.

Im Zusammenhang mit der Spekulationsblase rund um die Immobilienkrise prüfen die Behörden, ob die Banken die Ratingagenturen bewusst in die Irre geführt haben, um für faule Hypothekenkredite eine höhere Bewertung zu erzielen.

Demnach seien die Ratingagenturen Standard & Poor's, Fitch und Moody's unter dem Druck der Banken gestanden. Dies geht aus zahlreichen E-Mails von Mitarbeitern der Agenturen hervor, die die SEC und das Büro Cuomos sichergestellt haben.

Mit lukrativen Gagen hätten die Finanzhäuser zudem gezielt Mitarbeiter der Agenturen abgeworben, um Entscheidungen in ihrem Sinne zu manipulieren. Den Ratingagenturen droht ihrerseits eine Klage. Sie sind in der Kritik, weil sie zu hohe Bewertungen für „toxische“ Wertpapiere vorgenommen haben. Konzentrieren sich die Untersuchungen gegen Goldman Sachs auf interne Deals mit Hedgefonds, so nehmen die Behörden jetzt generell das Zusammenspiel zwischen Banken und Ratingagenturen unter die Lupe. So hat Goldman Sachs etwa Shin Yukawa bei der Agentur Fitch rekrutiert. Er war einer jener Mitarbeiter, die im Wissen um das Verlustgeschäft für die Investoren das ominöse Derivat „Abacus 2007-AC1“ ausgetüftelt haben.

Drei andere Analysten aus Yukawas Abteilung seien ebenso auf die andere Seite gewechselt, zu Großbanken wie der Deutschen Bank, berichtet die „New York Times“. Die Analysten seien in engem Kontakt mit ihren Exkollegen gestanden.

Großreinemachen an der Wall Street

New Yorks Generalstaatsanwalt Cuomo untersucht insbesondere, inwieweit die Ratingagenturen den Investmentbanken bei ihren Spekulationsgeschäften entgegengekommen seien. Die Banken hätten sich, so der Vorwurf, unter den Anbietern sozusagen das „beste“ Rating ausgesucht. Die Agenturen hätten den Banken die Arbeit sogar noch erleichtert, indem sie ihre Rechenmodelle auf ihrer Webseite veröffentlicht haben. Die Ratingagenturen berufen sich dabei auf ihre Transparenz. Mitarbeiter von Moody's & Co. behaupten dagegen, die Banken hätten zu viel Macht gebündelt.

Das Großreinemachen an der Wall Street ist nun offenbar voll im Gange. Die SEC kämpft um ihren Ruf. Kritiker werfen der Börsenaufsicht vor, die Finanzkrise 2008 „verschlafen“ zu haben. Kürzlich sorgte eine Enthüllung für einen Eklat, wonach hochrangige SEC-Mitarbeiter sich während der Arbeitszeit an Pornovideos delektiert haben.

Andrew Cuomo steht gleichfalls unter Profilierungszwang. Der ehrgeizige Sohn Mario Cuomos, des ehemaligen demokratischen Gouverneurs von New York, wird demnächst seine Kandidatur für die Gouverneurswahl im November bekannt geben. Als eiserner Besen, der durch die Wall Street fegt, steigen seine ohnehin guten Chancen bei den erbosten New Yorker Wählern.

AUF EINEN BLICK

Die US-Börsenaufsicht SEC und New Yorks Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo haben parallel Vorerhebungen gegen acht Großbanken eingeleitet. Neben Goldman Sachs und Morgan Stanley stehen auch europäische Finanzinstitute wie die Deutsche Bank, UBS sowie die Credit Suisse am Pranger. Sie sollen die Ratingagenturen Standard & Poor's, Moody's und Fitch mit falschen Informationen bewusst in die Irre geführt haben, um eine bessere Bewertung für ihre riskanten Hypothekenkredite zu erzielen. Zu diesem Zweck sollen sie überdies Mitarbeiter der Ratingagenturen angeheuert haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2010)

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