Sachwerte schlagen „Papier“-Vermögen

Wer sich gegen hohe Teuerung schützen will, hat dazu noch ein bisschen Zeit. Es schadet aber nicht, sich schon jetzt Gedanken zu machen, wie man sein Erspartes im Fall des Falles ins Trockene bringt.

wien. Zuerst die gute Nachricht: Wer eine Megainflation fürchtet, hat noch ein wenig Zeit, sich seine persönliche Anti-Inflations-Strategie zu überlegen. In naher Zukunft, solange die Wirtschaft noch schwächelt, werden die Industrieländer trotz jetzt schon intensiven „Gelddruckens“ eher gegen das Gegenteil ankämpfen.

In zwei, drei Jahren wird es aber wahrscheinlich ernst: In der Krise sind die Märkte mit Liquidität geflutet worden. Und für die Staaten wird die Versuchung groß werden, ihre auf normalem Weg nicht mehr bewältigbaren Schulden ein bisschen „wegzuinflationieren“. Dass die EZB gebetsmühlenartig auf ihr striktes Inflationsziel verweist, heißt noch gar nichts: Die Euro-Notenbank hat bis vorige Woche auch kategorisch ausgeschlossen, Staatsanleihen aufzukaufen (und damit die Notenpresse direkt in Gang zu setzen). Und jetzt tut sie es.

Experten erwarten, dass es ein paar Jahre lang zu erhöhten Inflationsraten von fünf Prozent aufwärts kommen wird. Die Gefahr, dass sich die Preise verselbstständigen und dann wirklich unangenehme Dimensionen erreichen, wird aber nicht ausgeschlossen.

Man sollte sich also in Ruhe Gedanken darüber machen, wie man sein Vermögen im Fall des Falles vor Entwertung schützt. Als Faustregel gilt: Ungeeignet ist bedrucktes Papier, das nur auf Rückzahlungsversprechungen beruht. Also Bargeld, Spareinlagen, Lebensversicherungen, Anleihen. Guten Schutz bieten Sachwerte, also beispielsweise Immobilien, Rohstoffe, Edelmetalle und – mit Einschränkungen – Aktien. Im Folgenden die Vorzüge und Nachteile der wichtigsten Anlagen.

1Immobilien bieten doppelten Schutz

Eine Wohnung oder ein Haus lässt sich nach der Krise wieder zu Geld machen. Und bietet bei Vermietung während der Krise laufend inflationsgeschützte Mieteinnahmen. Allerdings: Die Lage ist alles. Die begehrte Kleinwohnung in Zentrumsnähe ist also unter Anlagegesichtspunkten eindeutig besser als das beeindruckende, aber nur schwer vermiet- und verwertbare Zweithaus in der „Pampa“. Und: In guten Lagen sind die Wohnungspreise schon sehr hoch. Zudem cashen die Anbieter von Vorsorgewohnungsmodellen ganz ordentlich mit Vermittlungs- und Beratungsspesen ab. Wer es sich zutraut, ist also häufig besser dran, wenn er eine normale Eigentumswohnung kauft und selbst verwaltet. Ein Kauf mit Kredit ist zweischneidig: Theoretisch entwertet hohe Inflation natürlich auch Schulden, die Banken reagieren auf Teuerung aber sehr schnell mit sehr hohen Zinsen. Wichtig: Nur echte Immobilien schützen, Immo-Aktien sind „Papiergeld“ mit Emittentenrisiko.

2Gold und Silber: Die Inflationsklassiker

Wer Gold im Portefeuille hat, wird die Krise wahrscheinlich gut überstehen. Das Edelmetall, das hohen Inflationsschutz bietet, hat aber auch gravierende Nachteile: Es trägt keine Zinsen, die Lagerung ist – wenn man nicht so dumm ist, Barren und Münzen zu Hause zu verstecken – teuer, und der Preis fluktuiert stark. Geld, das man kurzfristig brauchen könnte, sollte man also eher nicht in Gold stecken. Derzeit löst sich gerade wieder eine kleine Goldpreisblase auf. Auch bei Edelmetallen gilt: Kurzfristig kann man mit Gold-Zertifikaten, Minenaktien und Ähnlichem prächtig spekulieren, mittelfristigen Schutz bietet aber nur physisches Gold.

3Auch Aktien sind Sachwerte – ein bisschen

Aktienkurse leiden unter Inflation, aber sie verbriefen Beteiligungen an Unternehmen und sind deshalb Sachwerte. Aktionäre sind langfristig wesentlich besser durch Wirtschaftskrisen mit Inflationsschüben gekommen als Anleihenbesitzer oder Sparer. Freilich: Man braucht unter Umständen einen langen finanziellen Atem. Und es muss sichergestellt sein, dass das Unternehmen die Krise auch überlebt. Es kommen also nur erstklassige Blue Chips infrage.

4Anleihen sind klassische Inflationsopfer

Staatsanleihen gelten als sicher. Aber in Zeiten erhöhter Inflation sind sie – auch ganz ohne Staatsbankrott, der sie wertlos machen würde – Kapitalvernichter. Derzeit rentieren Staatsanleihen von „guten“ Euro-Ländern so zwischen drei und vier Prozent, davon geht noch die Kapitalertragsteuer ab. Da bedarf es keiner großen Preissteigerungen, bis das Ganze ein Verlustgeschäft wird. Die Schuldensituation könnte im schlimmsten Fall auch in Euro-Ländern zu Umschuldungen führen – der Super-GAU für Anleihenzeichner.

5Lebensversicherungen bieten keinen Schutz

Er- und Ablebensversicherungen als reine Geldanlage sind schon in guten Zeiten ein unglaublich schlechtes Geschäft. Vor allem für jene, die gut genug verdienen, um um den Genuss der steuerlichen Absetzbarkeit umzufallen. In Zeiten hoher Inflation sind sie klassische Kapitalvernichtungskonstruktionen. Allerdings: Wer vorzeitig aussteigen will, sollte sich das gut überlegen – und genau durchrechnen. In den allermeisten Fällen wird man in diesem Fall nicht einmal die eingezahlten Prämien zurückbekommen. Außerdem muss nachversteuert werden. Man sitzt also in der Mausefalle – und kann nur hoffen, dass die Versicherungsgesellschaft überlebt. Dasselbe gilt sinngemäß auch für Pensionsversicherungen.

6Geldverbrennung mit Bargeld und Sparbuch

Besitzer von Bargeld und Spareinlagen sind die, die eine Entschuldung per Inflation (gemeinsam mit den Staatsanleihenzeichnern) bezahlen: Sparzinsen steigen in der Inflation normalerweise zwar. Aber immer verzögert und viel schwächer als die Teuerung. Die Entwertung geht da rasant: Bei einer Inflation von sechs, sieben Prozent ist das Vermögen schon nach ein paar Jahren real halbiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Duncan Neiderauer
Geld & Finanzen

Leerverkäufe: Sündenbock oder Wurzel allen Übels?

Seit Mitte Mai sind bestimmte riskante Börsengeschäfte mit Aktien und Euro-Anleihen auch in Deutschland verboten. Für Kritiker sind Leerverkäufe "Massenvernichtungswaffen", Börsenprofis sehen sie als Sündenböcke.
Österreich

Euro rutscht in Richtung "fairer Wechselkurs"

Gerüchte um eine bevorstehende Rückstufung Frankreichs und Italiens ließen am Dienstag den Euro neuerlich abstürzen. Als größeres Problem wird allerdings die europäische Schuldenkrise gesehen.
Wirtschaftskommentare

Der Euro und die fahrlässige Krida

Die Eurostaaten werden ihre Sanierungsprogramme noch einmal nachjustieren müssen. Wir nicht: Wir haben noch keines.
International

Banken-Probleme wegen Hellas-Bonds

Die Vorstände könnten wegen der Griechenland-Hilfe vor Gericht gezerrt werden. Juristen zufolge müssen die Generaldirektoren damit rechnen, von ihren Aktionären geklagt zu werden.
Euro fällt auf tiefsten Stand seit April 2006
International

Länderratings in Gefahr: Euro fällt auf 1,21 Dollar

Marktgerüchte über Rating-Abstufungen von Italien und Frankreich haben einen Kursrutsch ausgelöst. Eine Stabilisierung des Euro ist nicht in Sicht.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.