Griechenland-Krise: "Ende der Höflichkeit" in EU

 MARIO MONTI
MARIO MONTI(c) EPA (Guillaume Horcajuelo)
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Der Ex-EU-Kommissar Mario Monti sieht die Griechenland-Krise als Erfolgschance für den Euro. Denn die klaren Spielregeln seien ein "Ende der Höflichkeit", das Hilfsprogramm der Anfang einer politischen Union.

"Eines Tages könnten wir die Griechenland-Krise als bisher größten Erfolg des Euro einstufen", sagte Mario Monti, ein Jahrzehnt als EU-Kommissar für Binnenmarkt und dann Wettbewerb zuständig, am Montag in Wien vor Journalisten. Die Reaktionen auf die Krise hätten ein klareres Bekenntnis zu den Spielregeln und damit ein "Ende der Höflichkeit" in der EU gebracht, so Monti, der daran erinnerte, dass vor wenigen Jahren noch der EU-Ministerrat Sanktionen gegen Frankreich und Deutschland trotz hoher Defizite der beiden Länder verweigert hat.

Politische Union Voraussetzung für Wirtschaft

Die größten Veränderungen macht Monti in Griechenland, Deutschland und Brüssel fest: Sollte Griechenland die Auflagen für ihre Wirtschaft umsetzen, werde dies zu einer "enormen Transformation" der Finanzen wie auch der Zivilgesellschaft führen. Auf der anderen Seite habe Deutschland erstmals Steuergeld zur Verfügung gestellt, um sich mit einem anderen EU-Staat solidarisch zu zeigen - obwohl gerade Wahlen in einem Bundesland anstanden. Und in Brüssel habe sich die Idee der Koordinierung von Budgetpolitik durchgesetzt. Das sei "der Anfang einer politischen Union, die Voraussetzung für eine Wirtschaftsunion ist", so der Professor, der weiter der EU-Kommission mit Rat zur Seite steht.

Gefahr der Desintegration

Monti hat im Mai für EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso eine "neue Strategie für den Binnenmarkt" verfasst. Er sieht die Durchsetzung des gemeinsamen Marktes als derzeit bestes Instrument, um über eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit zu mehr Wachstum zu kommen. Die öffentliche Hand werde wohl in nächster Zeit vor allem sparen und falle damit für Wachstumsimpulse aus. Vorrangig seien der Binnenmarkt für Dienstleistungen und der "digitale Binnenmarkt" sowie eine bessere Koordination bei Steuern. Monti ist allerdings realistisch: Gerade jetzt, wo die Verwirklichung des Binnenmarktes wichtiger wäre als je zuvor, sei er weniger populär als je zuvor. Aber wenn nichts geschehe, dann würde Europa "in die Desintegration laufen".

Keine römische nach griechischer Krise

Sehr zuversichtlich ist Monti hingegen, was die wirtschaftliche Stabilität seines Heimatlandes betrifft: Italien werde sicher keine Gelder aus dem 750 Mrd. Euro schweren Schutzschirm benötigen, sagte er. Nur weil die römische Kultur die griechische abgelöst habe, dürfe man nicht davon ausgehen, dass nun auf eine griechische Krise eine italienische folgen werde.

(Ag. )

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