Ölriese in Not: "BP-Pleite wäre schlimmer als Lehman"

To match Special Report OIL-SPILL/BP-LIABILITY
To match Special Report OIL-SPILL/BP-LIABILITY(c) Reuters (Jason Reed)
  • Drucken

Angesichts des drohenden Kollaps des Ölriesen BP schmiedet die britische Regierung Notfallpläne. Die globalen Auswirkungen könnten massiv sein. Besonders bedrohlich sind die möglichen Folgen für den Derivatemarkt.

Bis zum April 2010 war "BP für die Investoren wie ein Goldesel, der entspannt auf der Wiese stand und kontinuierlich Taler ausschied", schreibt "Welt Online". Doch dann ging vor 77 Tagen die vom britischen Ölkonzern BP betriebene Ölplattform Deepwater Horizon unter und führte zur größten Ölpest der Geschichte. Ein einziges undichtes Ventil brachte BP an den Rande des Bankrotts. Die britische Regierung bereitet sich der "Times" zufolge bereits auf einen Zusammenbruch des angeschlagenen Energiekonzerns vor.

Britische Regierung schmiedet Notfallpläne

Vertreter des Wirtschafts- und des Finanzministeriums würden Gespräche über die Zukunft des Ölmultis führen und  Notfallpläne schmieden, berichtet die "Times" in ihrer Dienstagausgabe. Die Regierung stelle sich auf "alle Eventualitäten" ein. Tatsächlich hat sich die Ölpest im Golf von Mexiko zu einem immer riesigeren Milliardenloch für BP entwickelt. Die Aktien des Unternehmens, die von vielen britischen Pensionsfonds gehalten werden, haben seit Beginn der Katastrophe Mitte April beinahe die Hälfte ihres Werts verloren.

Im Gegensatz zu Banken geben Ölkonzerne Mittelständlern und Konzernen keine Kredite. Sie sind daher  gesamtwirtschaftlich betrachtet nicht unersetzlich. Doch die Folgen einer BP-Pleite für Banken und Pensionskassen, die Milliarden von Dollars in Anleihen und die traditionell dividendenstarken Aktien des britischen Konzerns investiert haben, könnten massiv sein, berichtet "wiwo.de".

BP-Kreditversicherungen auf "Ramsch-Niveau"

Auch die Kosten für Kreditausfallversicherungen auf BP haben sich deutlich erhöht, meldete "boerse.ard.de". Die fünfjährigen Credit Default Swaps (CDS) des Ölkonzerns stiegen bis Mitte Juni um 195 auf 570 Basispunkte an. Damit kostete die Versicherung eines zehn Millionen Pfund schweren Kredites an BP 570.000 Pfund. Experten sprechen von "Ramsch-Niveau".

Die US-Notenbank Fed soll daher prüfen, welche Folgen eine BP-Pleite für andere Marktteilnehmer hätte. Geht von BP ein systemisches Risiko aus, wie etwa im Fall der Investmentbank Lehman Brothers? Der Niedergang der US-Bank im September 2008 hatte die Finanzmärkte weltweit zum Beben gebracht. "Mit der Formel: ,Too big to fail' (zu groß zum Scheitern) kann sich BP nicht retten", sagt "Welt Online" zufolge Robert Falkner, Wirtschaftswissenschaftler an der London School of Economics.

"BP-Pleite wäre schlimmer als Lehman"

Der Ölexperte Gordon T. Long warnt in seinem Bericht "BP Potentially More Devastating than Lehman" bereits davor, dass die möglichen Folgen einer BP-Pleite an den Derivatemärkten Lehman Brothers klein aussehen lassen würden. Die Pleiten von Lehman und Bear Stearns könnten demnach bloß frühe Warnsignale gewesen sein.

Dem stimmt auch ein Experte von "oilprice.com" zu: "Sollte BP Pleite gehen oder auch nur schwer verwundet werden und der US-Arm von BP scheitern, könnten die Auswirkungen auf den Derivatemarkt katastrophal sein. Das könnte einen Rückstoß-Effekt auf das Bankensystem haben". Das Pensionssystem der westlichen Staaten, der Finanzhandel und der globale Kreditmarkt seien eng miteinander verflochten. BP sei dabei ein zentraler Spieler: "Ein weiteres Bein des 'ökonomischen Stuhls' wird unter uns weggezogen". Die Folgen einer BP-Pleite könnten schlimmer als bei Lehman sein, zumindest wäre eine Pleite aber Enron hoch zehn.

(phu)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.