Nach Skandalen: Kik gelobt Besserung

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Die Arbeitsbedingungen beim Diskonter Kik und seinen Partnern haben in der Vergangenheit für einen Skandal nach dem anderen gesorgt: Ausbeutung, Lohndumping, Spionage. Kik kündigt nun eine Neupositionierung an.

Bönen/Wien (cim). Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Nur 30 Euro, und dafür kann man sich einmal komplett einkleiden – von den Socken bis zur Haube, von Dessous bis Jeans, alles inklusive. Den wahren Preis dafür zahlen andere. Die Arbeitsbedingungen beim Diskonter Kik und seinen Partnern haben in der Vergangenheit für einen Skandal nach dem anderen gesorgt.

Es geht um Lohndumping bei den Verkaufsmitarbeitern in Europa, Nicht-Einhalten von Mindestlöhnen, menschenunwürdige Produktionsbedingungen in Bangladesch. Zuletzt sorgte Kik für Schlagzeilen, weil das Unternehmen systematisch die Finanzlage von Mitarbeitern ausspioniert haben und verschuldeten Bediensteten gekündigt haben soll. Nun gelobt der Diskonter Besserung. Man habe Fehler begangen und wolle künftig „sichere Arbeitsplätze mit Perspektive“ schaffen, erklärte das Unternehmen dem Sender NDR.

„Wir bedauern außerordentlich“

Details zur neuen Firmenpolitik wollte Kik am Mittwoch nicht preisgeben. Nur so viel: Die Firma wolle sich „völlig neu“ positionieren und einen „konstruktiven Dialog mit der Öffentlichkeit führen“. Kik räumte ein, dass man sich in einer „starken Wachstumsphase ganz auf das Kerngeschäft konzentriert und sicher Fehler gemacht“ habe: „Das bedauern wir außerordentlich.“

Bis zuletzt hat Kik versucht, Kritik zu unterbinden. Jüngst hat der Diskonter einen Prozess gegen den NDR verloren. Der Sender hatte im April eine Dokumentation über Kik ausgestrahlt, in der vier Näherinnen in Bangladesch und die menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen sie arbeiten, eine zentrale Rolle spielen.

Kik wollte dem NDR die weitere Ausstrahlung der Doku untersagen lassen, mit der Begründung, die Näherinnen seien nicht für Kik zuständig. Zunächst gelang das, nach weiteren NDR-Recherchen entschied das Gericht aber zugunsten des Senders. Am gestrigen Mittwoch strahlte ARD die Doku erneut aus, im NDR lief ein zweiter Teil dazu.

Aus der Textilhochburg Bangladesch stammt etwa die Hälfte der Kleidung, die bei Kik verkauft wird. In den Zulieferbetrieben von Kik stehen Zwölf- bis 16-Stunden-Schichten an der Tagesordnung, für einen Monatslohn von 25 Euro. In den Fabriken arbeiten Kinder unter 14 Jahren, teilweise gebe es kein Wasser, die Arbeiter leben zusammen in winzigen Zimmern. „Der Spiegel“ berichtete von Fabriksmanagern, die regelmäßig zuschlagen und Überstunden nicht vergüten.

Allerdings beliefern solche Betriebe auch andere westliche Konzerne. Angesichts dessen sind die Textilarbeiter in Bangladesch auf die Straße gegangen und haben Ende Juli einen Mindestlohn von 34 Euro pro Monat erstritten – fast eine Verdoppelung.

Neuer Manager fürs Image

Wenn Kik solche Arbeitsbedingungen vorgeworfen werden, verweist das Unternehmen immer auf den „Code of Conduct“. Diese Benimmregeln für Zulieferer lässt der Diskonter seit 2006 von allen Partnern unterschreiben. Das soll garantieren, dass diese Betriebe zum Beispiel keine Kinder arbeiten lassen und Mindestlöhne einhalten. Kritiker, etwa die Clean Clothes Campaign, warfen Kik immer wieder vor, sich so aus der Affäre zu stehlen, obwohl sie wüssten, dass diese Bedingungen nicht eingehalten werden. Nun lenkt Firmengründer Stefan Heinig, der binnen 15 Jahren eine Kette mit 2800 Filialen (bald sollen es 5000 sein) geschaffen hat, erstmals ein. Ihm steht seit dieser Woche ein zusätzlicher Geschäftsführer, Ex-Otto-Manager Michael Arretz, zur Seite, dessen Aufgabe es ist, das ramponierte Image aufzupolieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2010)

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