UniCredit: Profumo bietet Rücktritt an

 Alessandro Profumo
Alessandro Profumo(c) AP (Uwe Lein)
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Die europäische Finanzbranche befindet sich im Umbruch: UniCredit-Chef Profumo will am Dienstag bei einer Board-Sitzung die Vertrauensfrage stellen. In Deutschland planen zwei Großbanken die Fusion.

Wien (höll). Die Meldung kam am Montag um 20.21 Uhr: UniCredit-Chef Alessandro Profumo steht vor dem Rücktritt. Der Banker werde heute bei einer Board-Sitzung die Vertrauensfrage stellen, hieß es in Mailänder Finanzkreisen. Aufsichtsratspräsident Dieter Rampl und andere Manager sollen bei der Bank Austria-Mutter vorübergehend die Führung übernehmen. UniCredit wollte dies weder bestätigen noch dementieren.

Für heute wurde eine Stellungnahme angekündigt.
Zuletzt hatte es in der italienischen Großbank heftige Auseinandersetzungen über den Einstieg des libyschen Staatsfonds gegeben. Der nordafrikanische Revolutionsführer Muammar al-Gadhafi kaufte sich mit Milliarden bei der Bank Austria-Mutter UniCredit ein. Anfang September schaltete sich die Mailänder Börsenaufsicht ein. Sie erklärte, dass sie die jüngst erfolgten Zukäufe der Libyer unter die Lupe nehmen werde.

Rampl kritisierte Profumo

Im Sommer hatten die Investoren aus Nordafrika die Beteiligung an der UniCredit von fünf auf sieben Prozent erhöht. Sie stiegen damit zum größter Aktionär der Mailänder Großbank auf. An der Börse ist das Paket weniger als drei Milliarden Euro wert. Medienberichten zufolge wollen die Libyer nun den Anteil auf zehn Prozent aufstocken. Aufsichtsratspräsident Rampl hatte Profumo deswegen öffentlich angegriffen. Er sei vom UniCredit-Chef über die Aktion nicht informiert werden, so Rampl. Italienische Spitzenpolitiker forderten den Bankchef zum Rücktritt auf.

Außenminister Franco Frattini erklärte, die Libyer müssen alle Beteiligungen in Italien offenlegen. Im Außenministerium wurde ein Gremium eingerichtet, das Geschäfte von ausländischen Staatsfonds in Italien überprüft. Die UniCredit zählt zu Italiens Vorzeigekonzernen. Das Institut stieg nach dem Kauf der Bank Austria und der deutschen HypoVereinsbank zu den führenden Banken in der Eurozone auf.

Medienberichten zufolge soll UniCredit-Chef Profumo die Libyer geholt haben, um damit den Einfluss der italienischen Politik auf die Bank zurückzudrängen. Denn UniCredit ist aus der Fusion mehrerer italienischer Sparkassen hervorgegangen. Über die Sparkassen-Stiftungen versuchen noch immer Politiker, sich in die Geschäfte der Bank einzumischen. Was der mögliche Rückzug für die Bank Austria bedeutet, ist noch unklar. Das Wiener Institut ist mit einer Bilanzsumme von über 200 Mrd. Euro die größte Bank Österreichs und im Konzern für das Osteuropa-Geschäft zuständig. Profumo ist Vorsitzender des Aufsichtsrats.

Auch in Deutschland arbeitet die Berliner Regierung an einem Umbau des Bankensektors. Die schwer angeschlagene Bayerische Landesbank (BayernLB) will mit der Westdeutschen Landesbank (WestLB) zusammengehen. Wie am Montag bekannt wurde, gab der Aufsichtsrat der BayernLB in der Vorwoche dem Vorstand grünes Licht für die Aufnahme von Verhandlungen mit dem Rivalen.

Der Verwaltungsrat der WestLB kam gestern zusammen, um über die weitere Vorgangsweise zu beraten. Nach der Sitzung erklärten beide Institute, dass die Gespräche nun offiziell beginnen. Ziel sei die Schaffung einer Universalbank mit dem Schwerpunkt Unternehmensfinanzierungen. Bis Jahresende sollen Ergebnisse vorliegen.

Regierung ordnet Bankensektor

Vor allem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat zuletzt Druck auf die Finanzbranche ausgeübt und einen Zusammenschluss der Landesbanken verlangt. Die BayernLB, die dem Freistaat Bayern gehört, ist nach dem Desaster bei der Hypo Alpe Adria schwer angeschlagen. Die Bayern haben mit der früheren Österreich-Tochter 3,7 Mrd. Euro in den Sand gesetzt. Sie war auf Milliardenhilfen des deutschen Staates angewiesen.

Auch die WestLB ist ein Problemfall. Sie lagerte Risikopapiere in Milliardenhöhe in eine „Bad Bank" aus. Bis Ende 2011 müssen die Eigentümer, das Land Nordrhein-Westfalen und lokale Sparkassenverbände, auf Druck der EU-Kommission einen neuen Besitzer finden. Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen setzt auf ein Zusammengehen mit anderen Landesbanken. Im Gespräch ist auch eine Lösung mit der Hessischen Landesbank (Helaba) und der Landesbank Berlin.

Eine neue Zombiebank?

Beobachter bezweifeln jedoch, dass eine Fusion von BayernLB und WestLB Sinn macht. Denn damit würde eine staatliche „Zombiebank" entstehen. Das Beste wäre eine Privatisierung von BayernLB und WestLB. Doch beide Institute gelten als unverkäuflich. Am 28. September wird sich Schäuble mit Vertretern der deutschen Bundesländer treffen, um über die Situation in der Finanzbranche zu beraten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2010)

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