Kräuter- statt Schocktherapie: Yuan soll stärker werden

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Die Ursache für die gestrige Aufwertung des Yuan ist nicht nur politischer Druck: Schwächelt die Wirtschaft der Vereinigten Staaten, trifft das auch China. Die Aufwertung ist ein Versuch dem Dilemma zu entkommen.

Wien. Seit langem fordern die USA eine schnelle Aufwertung der chinesischen Währung Yuan, die ihrer Meinung nach künstlich niedriggehalten wird. Dieser Forderung hat der chinesische Notenbankchef Zhou Xiaochuan am Wochenende am Rande der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank eine Absage erteilt. Man werde dem Yuan keine „Schocktherapie“ verabreichen, meinte er. Statt einer „Tablette, die über Nacht wirkt“, ziehe man in China eine Kräuterbehandlung vor, die das Problem nicht über Nacht, sondern in ein bis zwei Monaten löse.

Zhou verwies auf die steigende Arbeitslosigkeit in China. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt zwar bei 4,2 Prozent und damit auf einem im internationalen Vergleich niedrigen Niveau. Rechne man jedoch die Wanderarbeiter dazu, die in dieser Statistik nicht erfasst werden, komme man in China auf eine Arbeitslosigkeit von neun Prozent, sagte Zhou. Und das bedeutet: Eine rasche Aufwertung des Yuan könnte die chinesische Exportwirtschaft schwächen und weitere Arbeitsplätze kosten.

Am Montag lenkte Peking ein und wertete seine Währung leicht auf. Mit 6,673 Yuan zum Dollar erreichte die chinesische Währung einen neuen Höchststand.

China wetteifert derzeit mit Japan, Brasilien und den USA um eine bessere Position im Welthandel. Die Länder werten ihre Währungen ab oder verhindern eine Aufwertung. Das stärkt die jeweils eigene Exportwirtschaft. IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn hat bereits vor einem gefährlichen Abwertungswettlauf gewarnt. Peking hat in diesem indes deutlich bessere Karten als die USA. „China könnte sich eine Aufwertung am ehesten leisten, weil das Binnenwachstum stärker ist als in anderen Ländern“, meint Valentin Hofstätter, Währungsexperte bei der Raiffeisen Zentralbank (RZB).

Handelskrieg als Worst Case

Eine Aufwertung des Yuan zum Dollar brächte China auch Vorteile: Die Kaufkraft im Land würde gestärkt. Doch liege das Augenmerk Chinas derzeit primär auf der Außenwirtschaft, stellt Rainer Singer, Währungsexperte bei der Erste Bank, fest.

Im schlimmsten Fall liefe der Streit auf einen Handelskrieg hinaus, meint Hofstätter. Die USA könnten in größerem Stil Importzölle einheben, um chinesische Einfuhren zu verteuern; die Chinesen könnten ihrerseits Zölle auf Güter aus den USA einheben. Dagegen spricht freilich, dass die beiden Volkswirtschaften stark voneinander abhängig sind: Schwächelt die US-Wirtschaft, hat das mittelfristig auch schwere Auswirkungen auf Chinas Exportwirtschaft. Und können die USA ihre Schulden nicht mehr bezahlen, hat China als Gläubiger erst recht ein Problem. Deswegen dürfte an einer schrittweisen Aufwertung des Yuan auch aus Chinas Sicht kein Weg vorbeiführen. Die Aufwertung am Montag ist nicht nur ein Einlenken im Währungsstreit, sondern auch ein Versuch, diesem Dilemma zu entkommen.

Straffere Geldpolitik

Indes hat das Land im Bankensektor noch einmal die Zügel angezogen. Die Mindestreserveanforderungen für sechs Großbanken wurden laut der Agentur Reuters noch einmal verschärft. Das soll Investitionen dämpfen und eine Überhitzung der Wirtschaft vermeiden.

Auf einen Blick

Die chinesische Währung stieg am Montag zum Dollar so hoch wie noch nie. Ein Grund ist das Einlenken der chinesischen Regierung im Währungsstreit, ein weiterer die starke Verflochtenheit mit dem Handelspartner USA.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2010)

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