Südkorea: Der asiatische Tiger im Schatten Chinas

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Nach der Krise lockt das Land mit starkem Wachstum und einem stabilen Rechtssystem. Die Position Europas ist gut und ab Sommer 2011 entfallen Einfuhrzölle auf fast alle Güter.

Nach der Krise ist Südkorea in atemberaubendem Tempo auf die vorderen Plätze der Weltwirtschaft zurückgekehrt. Das schlägt sich auch im Handel mit Europa nieder. Die EU hat Anfang Oktober ein Freihandelsabkommen mit Südkorea unterzeichnet. Es ist das erste mit einem großen asiatischen Partner und ein Vorsprung gegenüber den USA und Japan. Diese Regelung wird die Position europäischer Exporteure deutlich erleichtern: Rund 90 Prozent der Einfuhren in das Land sind dann steuerfrei, bis 2016 entfallen die Zölle für fast alle Güter.

Für österreichische Unternehmen biete Südkorea ein lohnendes Ziel für Exporte und Investitionen, sagt Michael Otter, WKÖ-Handelsdelegierter für Südkorea in Seoul: „Es gibt nicht nur China.“ Tatsächlich lohnt ein Blick auf das Land, das seit 1996 Mitglied im exklusiven Klub der OECD ist, aber allzu oft im Windschatten Chinas steht.

Der G20-Gipfel vor wenigen Tagen war für das Gastgeberland nur ein weiterer willkommener Anlass zu demonstrieren, dass der „asiatische Tiger“ von der internationalen Bühne nie weg gewesen ist. Nach einem Einbruch auf 0,2 Prozent Wachstum im Vorjahr erwartet Südkorea heuer ein Plus von 6,5 Prozent. Die Landeswährung Won ist im Vergleich zum Dollar oder Euro niedrig, aber stabil. Für heuer und nächstes Jahr wird eine moderate Teuerungsrate von rund drei Prozent erwartet.

Weltspitze bei Elektronik

Beim Auto- und Schiffsbau oder in der Elektronikindustrie gehören Konzerne wie Hyundai, Samsung oder LG zur Weltspitze. Und: Anders als viele seiner Nachbarn weist das Land ein funktionierendes Rechtssystem auf, das nach dem Vorbild Deutschlands gestaltet ist. Trotzdem gehört Südkorea zu den Volkswirtschaften, die bis heute eine stark staatlich regulierte Struktur aufweisen.

Doch das ist nicht der Grund für die schnelle Erholung. Da ist zum einen der riesige, hoch diversifizierte Exportsektor, der rund 40 Prozent am BIP ausmacht. Davon wiederum geht ein Drittel nach China, dessen Boom entscheidend auch für Südkorea ist. Ein anderer Faktor ist das Konjunkturpaket der Regierung, gemessen am BIP eines der größten der Welt. Der „Green New Deal“ kurbelt mit 30 Mrd. Euro die Infrastruktur und „grüne“ Technologien an. Auch der stabile Inlandskonsum gehörte während der Krise zu einer wichtigen Stütze der Konjunktur.

Für die EU ist Südkorea inzwischen achtgrößter Handelspartner. Österreichische Exporte in das Land haben heuer in den ersten acht Monaten um 26 Prozent auf rund 440 Mio. Euro zugelegt. Nach 565 Mio. Euro im Vorjahr rechnet die WKÖ heuer mit heimischen Ausfuhren von rund 650 Mio. Euro. Die Importe aus Südkorea gingen dagegen 2009 um 14 Prozent auf 515 Mio. Euro zurück, für 2010 wird ein Wert von 490 Mio. Euro erwartet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2010)

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