"Euro ist in einer Überlebenskrise"

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Der Druck auf die Währung wächst. EU-Ratspräsident Van Rompuy mahnt zu entschlossenem Handeln. Währenddessen machen Großbanken gezielt Stimmung gegen Irlands Regierung, das Problemkind der Eurozone.

Brüssel. Mit einem morgendlichen Weckruf unterstrich EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Dienstag den Ernst der Lage in der Eurozone. „Ich betrachte es als meine Mission, dafür zu sorgen, dass alle Institutionen mit demselben Ziel kooperieren. Denn wir sind in einer Überlebenskrise“, sagte er beim European Policy Centre, einem Brüsseler Thinktank.

Irische Staatsanleihen stehen auf den Märkten seit Tagen unter Druck, die Risikoaufschläge steigen. Griechenland musste eingestehen, dass es im Jahr 2009 ein höheres Defizit als angenommen (15,4 Prozent der Wirtschaftsleistung) verursacht hat. Zudem konnte Athen zuletzt nicht alle Vorgaben des Internationalen Währungsfonds und der EU erfüllen. Spanien musste in den vergangenen Tagen trotz steigender Zinssätze neue Schulden aufnehmen. Auch das schwer verschuldete Portugal erhält frisches Geld nur noch zu Höchstzinsen.

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„Krise der Demokratie in Europa“

„Wir müssen alle zusammenarbeiten, um mit der Eurozone zu überleben“, bekräftigte Van Rompuy. „Denn wenn wir nicht mit der Eurozone überleben, werden wir nicht mit der Europäischen Union überleben. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das meistern.“

Der Ratspräsident warnte zudem vor einer „Krise der Demokratie in Europa“. Der wachsende Populismus, die zunehmende „Antipolitik“ seien ein Zeichen dafür. „Nur, wenn wir die Wirtschaftskrise, die steigende Arbeitslosigkeit sowie das Verbrechen wirksam bekämpfen und Zuwanderer in unsere Gesellschaften integrieren, wird es mehr Vertrauen in die europäische Politik geben.“

Irland hat genug Geld – vorerst

Das Hauptproblem der Eurozone ist derzeit Irland. Und Irlands Problem sind seine Banken. Die Spitzeninstitute Bank of Ireland und Allied Irish Banks bekommen nur noch von der Europäischen Zentralbank Geld. Der Wert der Darlehen stieg allein im Oktober um 7,3 Prozent auf 130 Milliarden Euro. Die Regierung hat mit Steuergeld einen Rettungsschirm aufgespannt und schätzt, dass die Begradigung der Bankenkrise bis zu 80 Milliarden Euro kosten wird - die Hälfte der Wirtschaftsleistung.

Irlands Ministerpräsident Brian Cowen bekräftigte im Parlament erneut, sein Land habe keine Gelder aus dem EU-Rettungstopf beantragt. Er räumte lediglich ein, dass es Gespräche mit Partnern gebe. Bis 2014 soll Irland das Defizit wieder unter drei Prozent drücken. Hinter dem Zögern der irischen Regierung steht die Angst, die Nachwahlen zum Parlament am 25. November zu verlieren.

Geld braucht Dublin erst im Sommer 2011 von den Finanzmärkten, die Großbanken nehmen Irland dennoch ins Visier. Sie müssen davon ausgehen, dass ab 2014 private Gläubiger im Fall der Schuldenkrise eines Eurolandes mitzahlen müssen. Darauf besteht Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel: Es sei den Bürgern nicht zu erklären, dass die Banken durch Spekulationen satte Gewinne einstreichen, aber nicht für die Kosten der Krise gerade stehen. Wenn Irland vor 2013 EU-Hilfe erbittet, wären die Großbanken gut dran.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2010)

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