Angst vor einem Finanzcrash wächst auch in Portugal

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Auf der Halbinsel kristallisiert sich der nächste Kandidat für den Euro-Rettungsschirm heraus. In Portugal mehren sich die Signale, dass das Land seine tiefe Finanzkrise nicht mehr in den Griff bekommt.

[Lissabon]Nachdem sich die Finanzkrise in Irland zugespitzt hat, wächst auch auf der iberischen Halbinsel die Nervosität. Vor allem im südeuropäischen EU-Land Portugal mehren sich die Signale, dass der Euro-Staat seine Finanzkrise nicht im Griff hat und vielleicht Hilfe aus dem internationalen Rettungsfonds benötigt. Die Sorge um Portugal wurde ausgerechnet von Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos angefacht, der zunächst andeutete, dass auch sein wankendes Land Milliardenhilfe brauchen könnte – auch wenn er Stunden später zurückruderte.

Es gehe in der jüngsten Euro-Stabilitätskrise „um Probleme von Griechenland, Portugal und Irland“, sagte Santos. Auch, weil Anleger, die portugiesische Anleihen halten, von der Nervosität um Irland und Griechenland angesteckt werden könnten. Kurz darauf bemühte er sich eilig, dem Eindruck entgegenzusteuern, dass auch in Lissabon schon ein Hilfsantrag in der Schublade liege. Die Situation seines Landes sei „ganz anders“ als jene Irlands und ein Hilfsgesuch stehe derzeit nicht zur Debatte. Alles andere seien „Gerüchte und Spekulationen“.

Einige Tage zuvor hatte jedoch schon Außenminister Luis Amado anklingen lassen, dass es nicht gut um sein Land stehe. Dass in seiner sozialistischen Minderheitsregierung sogar über einen Abschied aus der Euro-Zone nachgedacht werde, wenn man keinen Regierungspakt mit der großen konservativen Oppositionspartei erreiche, um das Land in diesen schwierigen Zeiten gemeinsam aus dem Tal zu steuern. Amado: „Wenn wir nicht in der Lage sind, Vertrauen und Regierungsfähigkeit zu garantieren, stehen wir einer dramatischen Situation gegenüber.“

Abschied aus der Eurozone?

Hintergrund dieser angespannten Lage ist der Krisenhaushalt 2011, der gerade im Parlament diskutiert wird und der radikale Sparschritte sowie Steuererhöhungen vorsieht, um den staatlichen Schuldenberg abzubauen. Portugals Haushaltsverschuldung war 2009 auf 9,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts explodiert, 2010 soll sie auf 7,3 und 2011 auf 4,6Prozent sinken. Die oppositionellen Konservativen gaben den Haushaltsplan bisher zwar durch Enthaltung frei, sie wollen aber offenbar nicht mitregieren, sondern lieber neu wählen lassen, was vermutlich das Ende der Sozialistenregierung von Ministerpräsident José Socrates wäre.

Erst recht, nachdem sich nun auch die Gewerkschaften gegen Socrates stellten und für kommende Woche zum Generalstreik aufriefen. Mit dem schmerzhaften Sparpaket der Regierung werden die Renten eingefroren, die Beamtenlöhne im Schnitt um fünf Prozent gekürzt, Sozialleistungen gestrichen, wird die Mehrwertsteuer auf 23 Prozent erhöht. In einer ersten Sparrunde war bereits das Rentenalter im öffentlichen Dienst von 62 auf 65 Jahre erhöht und waren Einkommens- wie Unternehmenssteuern angehoben worden.

Teure Kredite

Angesichts der brodelnden Gerüchteküche waren zuletzt auch die Risikoaufschläge für portugiesische Staatsanleihen beängstigend gestiegen. Die Zinsen für zehnjährige Anleihen kletterten auf einen Rekordwert von annähernd 6,8 Prozent, was die Kreditbeschaffung für Portugal erheblich verteuerte.

Portugiesische Regierungsvertreter hatten kürzlich angedeutet, der kritische Punkt liege bei der Sieben-Prozent-Marke. Werde diese erreicht, dann rücke ein Hilfeersuchen an den internationalen Rettungsfonds näher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2010)

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