Irland: "Sinnlos, Motor des Wachstums zu zerstören"

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FILE GERMANY EURO ZONE(c) EPA (Tobias Kleinschmidt)
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Irland lehnt eine Erhöhung seiner niedrigen Unternehmenssteuern strikt ab. Diese seien "nicht verhandelbar", sagt die Vize-Ministerpräsidentin. Der Steuersatz wird von anderen EU-Ländern als Standortvorteil kritisiert.

Am Donnerstag hat der irische Notenbankchef Patrick Honohan eingeräumt, Hilfen im zweistelligen Milliardenbereich aus dem Rettungsfonds von EU und dem Internationalen Währungsfonds zu benötigen. Zuvor hatten sich die Iren tagelang geweigert, externe Hilfe anzunehmen. An den Finanzmärkten sorgte die Kompromissbereitschaft der Iren für Erleichterung.

Dennoch bleiben Sorgen. "Ich habe Alpträume wegen ganz Europa", zitiert das "Handelsblatt" Federico Ghizzoni, Chef der italienischen Großbank Unicredit. Im Zentrum der Verhandlungen dürfte der Streit über die niedrige Körperschaftsteuer stehen.

Unternehmenssteuer "nicht verhandelbar"

Irland fürchtet um seine wirtschaftliche Souveränität und lehnt daher im Zusammenhang mit einem finanziellen Hilfspaket jede Diskussion über eine Erhöhung seiner Unternehmenssteuern ab. Diese sei "nicht verhandelbar", sagte Vize-Ministerpräsidentin Mary Coughlan am Donnerstag. Europa-Minister Dick Roche sprach von "nicht hilfreichem Gerede im Hintergrund" über die Steuer. "Wo läge der Sinn darin, einer der großen Motoren des Wachstums zu zerstören?", fragte er in einem Interview des BBC.

Deutschland und Großbritannien kritisieren den vergleichsweise extrem niedrigen Steuersatz von 12,5 Prozent als Standortvorteil. Damit hat Irland viele ausländische Firmen auf die Insel gelockt - zum Ärger der anderen EU-Staaten. Österreich und Frankreich haben erklärt, als Gegenzug für Finanzhilfen soll die Unternehmenssteuer eventuell erhöht werden. Irland wird möglicherweise wegen seine Schuldenkrise einen zweistelligen Milliarden-Kredit von EU und IWF in Anspruch nehmen.

Verkleinerung irischer Banken?

Indes steht im Ringen um eine Lösung der irischen Schuldenkrise einem Zeitungsbericht zufolge eine Verkleinerung bestimmter irischer Banken im Mittelpunkt. Abspecken sollten jene Institute, die als zu groß und zu stark von EZB-Hilfen abhängig eingestuft würden, berichtete die "Irish Times" am Freitag. So diskutiere Irland mit EU und IWF über einen Verkauf von Sparten, die nicht zum Kerngeschäft gehörten. Demnach könnten die Allied Irish Bank ihre Kreditsparte abgeben, und Irish Life and Permanent könnte sich vom britischen Hypothekengeschäft trennen.

Um diese Anteile für Käufer attraktiver zu machen, sind dem Bericht zufolge zwei Möglichkeiten im Gespräch:

  • Garantien für drohende Verluste
  • oder eine Vereinbarung, nach der die Verluste aufgeteilt werden.

Vertreter von Europäischer Union (EU) und Internationalem Währungsfonds (IWF) suchen derzeit nach Möglichkeiten für eine Unterstützung Irlands und nehmen dabei vor allem den angeschlagenen Bankensektor unter die Lupe. Am Donnerstag hatte der irische Finanzminister Brian Lenihan eingeräumt, dass das Euro-Land nicht ohne Hilfe von außen aus seiner Schuldenkrise herausfinde.

Griechen kritisieren Stabilitätspakt

Nach Einschätzung des griechischen Finanzministers George Papaconstantinou hat die Krise in Irland die Schwächen des bisherigen europäischen Stabilitätspakts aufgezeigt. "Der Pakt schaut zu stark auf die öffentlichen Schulden und zu wenig auf die privaten Schulden", sagte George Papaconstantinou am Freitag auf dem "European Banking Congress" in Frankfurt. Irland habe im Gegensatz zu Griechenland in erster Linie ein Bankenproblem, das durch zu hohe private Schulden ausgelöst worden sei. Griechenland hingegen habe zu hohe öffentliche Schulden, stehe jedoch bei den privaten Schulden wesentlich besser da als andere Staaten.

"In den vergangenen sechs Monaten haben wir mehr gemacht, als viele von uns erwartet haben", sagte Papaconstantinou. Griechenland werde in der Eurozone bleiben und seine Schulden pünktlich zurückzahlen. Zuvor hatte eine Umfrage unter den Teilnehmern des Kongresses ergeben, dass eine Mehrheit mit Ausfällen in der Schuldentilgung Griechenlands in den nächsten zehn Jahren rechnet.

"Irische Bankenrettung ist gerechtfertigt"

Es handle sich in Irland, falls es zu einem Hilfspaket von EU und Internationalen Währungsfonds (IWF) kommen sollte, in erster Linie um eine Bankenrettung. "Dies ist durchaus gerechtfertigt, da es sich um große Banken in einem kleinen Land handelt", sagte Papaconstantinou. Es gebe hier durchaus ein systemisches Risiko. Die Märkte sollten jedoch die nächsten Tage abwarten, ob es zu einem Hilfspaket kommt.

Die von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ins Gespräch gebrachte Beteiligung von privaten Gläubigern müsse vorsichtig angegangen werden, forderte Papaconstantinou. Angesichts des schwierigen Umfeldes sei jetzt ein schlechter Zeitpunkt für eine Diskussion. Nachdem Frankreich und Deutschland gemeinsam eine Beteiligung von privaten Gläubigern vorgeschlagen hatten, waren die Risikoaufschläge von griechischen Staatsanleihen und Anleihen anderer Randstaaten der Eurozone deutlich gestiegen.

(Ag.)

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