EU-Rettungsaktion für Irland verpufft

(c) Www.BilderBox.com (Www.BilderBox.com)
  • Drucken

Vom EU-Rettungsschirm für Irland profitieren letztendlich die Gläubigerbanken. Deutschland fordert, dass die EU noch vor Weihnachten ein Insolvenzverfahren für Länder der Eurozone entwickelt.

Die Erleichterung über das Hilfsersuchen Irlands währte am Montag nur kurz. Am Nachmittag lagen die europäischen Börsen im Minus. Auch der Euro fiel. Die Regierungskrise in Dublin verstärkte die Nervosität der Investoren. Die Grünen kündigten ihren Rückzug aus der irischen Regierung an, sobald das von der EU geforderte Sparpaket umgesetzt werde. Zudem wächst die Angst vor einem Dominoeffekt. Da mit Griechenland und Irland bereits zwei Staaten aufgefangen werden mussten, stehen nun weitere hoch verschuldete Länder wie Portugal und Spanien auf dem Prüfstand. Die Zinsen für portugiesische Staatsanleihen stiegen am Montag weiter und erreichten 6,527 Prozent.

Gleichzeitig erhöhte Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel den Druck, dass die EU noch vor Weihnachten einen neuen Entschuldungsmechanismus für angeschlagene Euroländer beschließt. Spätestens 2013 sollen sich auch private Gläubiger, insbesondere Banken, an den Rettungsaktionen beteiligen. „Das Ansuchen von Irland ist eine Bestätigung für unseren Plan“, erklärte ein Sprecher der Berliner Regierung gestern.


Insolvenzplan nicht vor 2013
Das Münchener Ifo-Institut hat im Auftrag der deutschen Regierungspartei FDP nun ein Konzept ausgearbeitet, wie ein solches Verfahren aussehen könnte. Demnach sollen künftig alle Euroländer nur noch Anleihen ausgeben, die spezielle Umschuldungsregeln (in der Fachsprache Collective Action Clauses) enthalten. Diese Richtlinien besagen, dass ein überschuldetes Land bei drohender Zahlungsunfähigkeit, die die Rückzahlung einer bestimmten Tranche von Anleihen betrifft, mit den Eigentümern dieser Tranche über eine Umschuldung verhandelt und dann zu einer Mehrheitsentscheidung kommen soll. Können sich die Gläubiger nicht einigen, wird automatisch ein Abschlag (Haircut) auf den Nennwert der Anleihe vorgenommen, in der Höhe von mindestens 20 Prozent und höchstens 50 Prozent. Der Rest der Anleihe wird in Ersatzanleihen umgewandelt, die zu 80 Prozent von anderen Euroländern besichert werden. Mit diesem Mechanismus werde laut Ifo-Chef Hans-Werner Sinn klargestellt, dass zuerst private Gläubiger haften und erst dann die Staatengemeinschaft einspringt.

Für die neuen, haircutfähigen Schuldnerpapiere können Investoren im Vergleich zu geschützten Altanleihen höhere Risikoaufschläge verlangen. Trotzdem bleiben Anleihen von Euroländern attraktiv, weil Investoren letztlich einen Teil ihres Geldes wiedersehen, was nicht passiert, wenn ein Staat einfach in Konkurs geht und seine Zahlungen einstellt – wie dies vor neun Jahren in Argentinien der Fall war.


EU in Geiselhaft der Banken
Allerdings soll dieser Mechanismus erst ab Mitte 2013 gelten – dann läuft der im Mai während der Griechenland-Krise verabschiedete Rettungsschirm von EU und IWF im Volumen von bis zu 750Milliarden Euro aus. Sollten bis dahin auch Portugal oder Spanien Hilfe brauchen, müssten wieder andere EU-Länder einspringen.

Daher werden die Stimmen lauter, schon vor 2013 haircutfähige Anleihen auf den Markt zu bringen. Vom 90 Milliarden Euro schweren Rettungspaket für Irland profitieren letztendlich die Gläubigerbanken. Das Land steckt bei ausländischen Finanzinstituten mit 731,2 Milliarden Dollar (534,4Milliarden Euro) in der Kreide. Der Löwenanteil entfällt auf britische und deutsche Institute (siehe Grafik). Hätte Irland Konkurs angemeldet, wären die Finanzkonzerne um einen Teil des Geldes umgefallen. Der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, flog in der Vorwoche nach Brüssel und machte wegen Irland Druck.

„Die Forderungen der deutschen Banken an Irland sind wichtig genug, um dem Land zu helfen“, erklärte Lutz Raettig, Aufsichtsratschef von Morgan Stanley Deutschland. Das bedeutet mit anderen Worten: helft Irland, um den Banken zu helfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.