Euro-Krise: "Haarschnitt" für Banken beschlossen

EuroKrise Haarschnitt fuer Banken
EuroKrise Haarschnitt fuer Banken(c) AP (Yves Logghe)
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Die EU-Finanzminister schnüren ein Rettungspaket für Irlands Banken. Ab 2014 werden Gläubiger in die Sanierung von Euroländern einbezogen: Fallweise, und nicht gegen ihren Willen.

Brüssel. Nach Griechenland nun also auch Irland: Zum zweiten Mal binnen eines halben Jahres müssen Europas Steuerzahler ein Euroland vor dem Bankrott retten.

In einer eilig einberufenen Sondersitzung beschlossen die Finanzminister der Euroländer sowie Großbritanniens und Schwedens, der irischen Regierung rund 85 Milliarden Euro an Nothilfe zur Verfügung zu stellen. Von diesem Betrag sollen zirka 35 Milliarden Euro den maroden irischen Banken als frisches Kapital zugeschossen werden. Die restlichen 50 Milliarden Euro sollen die Lücken im irischen Staatshaushalt schließen, die durch die erfolglosen Versuche der Bankenrettung entstanden sind.

Rund 17,5 Milliarden Euro des Pakets werden aus Irland selbst kommen. Von den verbleibenden 67,5 Milliarden Euro wird ein Drittel mit der Sonderkreditlinie der EU-Kommission abgedeckt. Ein weiteres Drittel entfällt auf den Internationalen Währungsfonds (IWF). Das restliche Drittel wird der Euro-Rettungsfonds EFSF übernehmen, gemeinsam mit bilateralen Krediten aus Großbritannien, Dänemark und Schweden.

Nach Angaben von Irlands Premier Brian Cowen bekommt Irland bei der Haushaltssanierung eine Fristverlängerung. Dublin hat demnach bis 2015 und damit ein Jahr länger Zeit, das Staatsdefizit unter die erlaubte Höchstmarke von 3 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt zu drücken. Der durchschnittliche Zinssatz für die internationalen Hilfen soll bei 5,8 Prozent liegen. Dies ist mehr als Griechenland zahlen musste, das im Frühjahr vor dem Staatsbankrott gerettet werden musste. Athen hatte damals noch einen Zinssatz von 5,2 Prozent bekommen.

Die brisantere Entscheidung fiel allerdings noch vor dem eiligen Zusammentreffen der Finanzminister. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy einigten sich nach Telefonaten mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, Kommissionspräsident José Manuel Barroso sowie Jean-Claude Trichet, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, auf die genaue Ausgestaltung eines dauerhaften Mechanismus zum Umgang mit Krisen in der Eurozone. Demnach sollen Private Gläubiger von Euroländern nach dem Auslaufen des im Mai beschlossenen, 750 Milliarden Euro schweren Rettungsschirms in drei Jahren nur von Fall zu Fall und nicht gegen ihren Willen an den Kosten der Sanierung eines Euro-Mitglieds beteiligt werden.

Die Banken werden also, wenn sie ab Herbst 2013 neue europäische Staatsanleihen zeichnen, selber mitbestimmen, wie umfassend ihr „Haarschnitt" ausfällt, also ihr Verzicht auf Teile ihrer Forderungen. Sie mussten seit dem letzten Europäischen Rat Ende Oktober, als Merkel erstmals die Einbeziehung privater Gläubiger forderte, drastischere Sanktionen fürchten. Es war auf Merkels unklare Äußerung zurückzuführen, dass Irland, Portugal und Spanien zuletzt an den Finanzmärkten noch stärker unter Druck gerieten als bisher.

Österreichs Finanzminister Josef Pröll präzisierte nach der Sitzung die Höhe des österreichischen Beitrags für die Irland-Rettung. Der österreichische Steuerzahler werde Haftungen in der Höhe von 600 bis 800 Millionen Euro übernehmen, erklärte Pröll.

Auf einen Blick

Krisensitzung: Die EU-Finanzminister eilten am Sonntag nach Brüssel, um die 85-Mrd.-Euro-Rettung Irlands zu beschließen.

Krisenmechanismus: Schon vorab einigten sich Deutschland und Frankreich auf die Grundzüge eines dauerhaften Krisenmechanismus für marode Euroländer. Private Gläubiger müssen künftig mitzahlen, aber nur fallweise.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2010)

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