Portugal: Schlinge zieht sich immer mehr zu

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Die EU-Kommission sieht Lissabon trotz eines Sparpakets noch nicht saniert. Denn Portugal erlebt ähnlich wie Griechenland derzeit eine fiskale Zwickmühle. Die Arbeitslosigkeit ist so hoch wie seit nicht mehr.

Brüssel. Kaum ist der Rettungsschirm über Irland aufgespannt, da steht schon dem nächsten Euro-Land das Wasser bis zum Hals. Portugals Regierung hat zwar Ende vergangener Woche ein hartes Sparpaket beschlossen, mit dem das Budgetdefizit 2011 auf fünf Prozent des BIPs sinken soll. Derzeit liegt es bei acht Prozent. Doch Brüssel ist ganz offensichtlich nicht überzeugt, dass diese Maßnahmen ausreichen, das Land auf Sanierungskurs zu bringen. Denn Portugal erlebt ähnlich wie Griechenland derzeit eine fiskale Zwickmühle. Durch die erheblichen Einsparungen im öffentlichen Dienst und durch die Anhebung der Steuern wird die Kaufkraft gebremst. Gleichzeitig steigt die Arbeitslosigkeit. Sie liegt mit 10,9 Prozent bereits so hoch wie seit den 80er-Jahren nicht mehr. Dies alles bedeutet, dass letztlich auch die Steuereinnahmen sinken.

„Im Fall, dass die fiskalischen Ziele in Portugal verpasst werden, werden zusätzliche Maßnahmen nötig sein“, sagte EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn am Montag. Die Experten in Brüssel fürchten vor allem einen weiteren Einbruch des Wachstums. Deshalb müsse der Sparhaushalt unbedingt mit Reformen verbunden werden. „Es ist wichtig, dass Portugal die Strukturreformen schafft, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen“, so Rehn.

Tatsächlich weicht die Wachstumsprognose, auf der die Regierung in Lissabon ihre Budgetsanierung basiert, stark von der Vorschau der Kommission ab. Die Kommission ist wesentlich pessimistischer. Sie erwartet, dass die portugiesische Volkswirtschaft dieses Jahr um 1,3Prozent wächst, nächstes Jahr um ein Prozent schrumpft und 2012 wieder um 0,8 Prozent wächst. „Die Sparpakete dämpfen den privaten Konsum“, warnt auch die Brüsseler Behörde.

Umbau der Wirtschaft notwendig

Ähnlich wie lange Zeit Athen und Dublin behauptet nun auch die portugiesische Führung unter Premier José Socrates, dass sie die Sanierung selbst bewältigen könne. Ähnlich skeptisch reagieren aber seit Tagen die Märkte. Die Risikoaufschläge steigen (siehe Grafik). Zum Vertrauensverlust tragen die Krisenländer auch gegenseitig bei. Griechenland hat unter Beweis gestellt, dass ein Land mit derartigen strukturellen Problemen (geringe Exportquote, geringe Wettbewerbsfähigkeit) eine Sanierung nicht rasch bewältigen kann. Dies sieht offenbar auch die EU-Kommission so. Währungskommissar Rehn hat am Montag angekündigt, dass die Laufzeit der Hilfe für den griechischen Haushalt auf 7,5 Jahre verlängert wird. Damit hat Athen nicht nur die gleichen Bedingungen erhalten wie Dublin, sondert hat nun tatsächlich länger Zeit, seine Schulden zurückzuzahlen.

Eine Rettung Portugals durch EU-Hilfen wird indes nach Einschätzung des US-Ökonomen Nouriel Roubini immer wahrscheinlicher. Der einstige US-Regierungsberater sagte in einem Interview mit der portugiesischen Tageszeitung „Diario Economico“, Irland und Griechenland hätten auch zunächst darauf bestanden, keine Hilfen zu benötigen. Als sich die Marktkonditionen verschlechterten, seien sie aber gezwungen worden, sich an EU und IWF zu wenden. „Ob es einem gefällt oder nicht, Portugal erreicht den kritischen Punkt.“ Der deutsche Wirtschaftswissenschaftler Johannes Becker verweist auf die nervösen Märkte und empfiehlt: „Wir sollten Portugal ruhig schnell unter den Schirm nehmen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2010)

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