Krise: Iberische Ängste treiben Euro nach unten

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Die portugiesische Nationalbank und ein spanischer Staatssekretär heizen die Sorgen an den Finanzmärkten an. Sorgen vor einem Dominoeffekt auf Portugal und Spanien schicken den Euro nun wieder auf eine Talfahrt

Wien/Reuters, bloomberg, jaz. Beim Euro-Dollar-Wechselkurs gibt es zur Zeit nur eine Richtung: steil nach unten. Konnte die Gemeinschaftswährung nach dem Abklingen der Griechenland-Krise über den Sommer die Schwäche des US-Dollars ausnützen, um wieder Terrain gutzumachen, schicken das Hilfegesuch Irlands und die Sorgen vor einem Dominoeffekt auf Portugal und Spanien den Euro nun wieder auf eine Talfahrt. Am Dienstag wurde erstmals seit Mitte September die Grenze von 1,30 Dollar je Euro unterschritten – Tendenz weiter sinkend.

Angeheizt wurden die Ängste an den Finanzmärkten durch einem Bericht der portugiesischen Notenbank. Ihr zufolge ist das Risiko für Portugals Banken untragbar, wenn die Regierung keine Maßnahmen zur „glaubwürdigen und nachhaltigen Konsolidierung der Staatsfinanzen“ setzt. Aufgrund der Liquiditätsprobleme sei die Situation der Banken „ernst“. Der Bericht kann zwar als Unterstützung für das jüngste Sparpaket der Regierung gedeutet werden, gegen das die Gewerkschaften in der Vorwoche zu einem Generalstreik aufgerufen haben. Er könnte aber auch das erste Eingeständnis sein, dass die Situation in Portugal dramatischer ist, als die Regierung bisher zugeben wollte. Kreditausfallversicherungen (Credit-Default Swaps) für portugiesische Staatsanleihen stiegen in der Folge auf den Rekordwert von 551 Basispunkten (5,51 Prozent).

Höchstwerte gab es aber auch bei den Staatsanleihen anderer Euroländer. So stiegen die Zinsen für italienische Staatsanleihen auf den höchsten Wert seit 1996. Italien muss dadurch mehr für die Aufnahme von frischem Geld bezahlen als beispielsweise Brasilien. Auch belgische Bonds wurden von den Geldgebern auf den Finanzmärkten zunehmend als „gefährlich“ eingestuft und mit höheren Zinsen bestraft. Am stärksten von den Spekulationen auf ein Hilfegesuch Portugals war jedoch erneut Spanien betroffen.

Der Grund dafür ist, dass die spanischen Banken einerseits mit knapp 110 Mrd. Euro in Portugal engagiert sind und andererseits aus der inländischen Immobilienblase noch eine ungewisse Anzahl an faulen Krediten in ihren Bilanzen mitschleppen. Zusätzlich gibt es große Zweifel, dass die spanische Regierung ihr ausuferndes Budgetdefizit angesichts der kaum anspringenden Wirtschaft in den Griff bekommen kann. All dies trieb die Zinsen für spanische Staatsanleihen und in der Folge auch für Anleihen spanischer Banken drastisch nach oben. Allein im November stiegen letztere um 1,4 Prozentpunkte an – der größte bisher in einem Monat gemessene Sprung nach oben.

Den Spaniern könnte diese Verteuerung der Finanzierungskosten schon Anfang 2011 große Probleme bereiten. Allein in den ersten drei Monaten müssen Spaniens Regierung 15,5 Mrd. Euro und die spanischen Banken 35 Mrd. Euro refinanzieren. Für die nächsten drei Jahre wird der Bedarf an frischem Geld auf 350 Mrd. Euro taxiert. Sollten die Kosten für die Finanzierung dabei so hoch wie jetzt bleiben, sei das ein „Grund zur Sorge“, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Jose Manuel Campa am Dienstag.

Rettungsschirm könnte nicht reichen

Für die Euro-Zone wäre ein Hilfegesuch seiner viertgrößten Volkswirtschaft die ultimative Belastungsprobe. So ist die spanische Wirtschaft doppelt so groß wie Irland, Griechenland und Portugal zusammen. Es ist daher auch fraglich, ob der 750-Mrd.-Euro-Rettungsschirm für das Land ausreichen würde. Doch bereits ein Ausnutzen dieses Schirmes, der aus Garantien der anderen Euro-Länder besteht, würde für ebendiese Länder große finanzielle Belastungen bedeuten. Dies könnte aber notwendig sein, damit es zu tiefgreifenden Reformen des Euro-Systems kommt, sagen Analysten: „Die Krise muss erst Deutschland und seine Banken bedrohen, damit es zu einer Lösung wie etwa einer gemeinsamen Fiskalpolitik kommt“, meint dazu Harvinder Sian von der Royal Bank of Scotland.

Auf einen Blick

Der Euro gab am Dienstag gegenüber dem US-Dollar erneut deutlich nach und lag erstmals seit Mitte September wieder unter 1,30 Euro je Dollar. Grund dafür war unter anderem die portugiesische Notenbank, die vor der „ernsten“ Lage des Landes warnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2010)

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