EZB überlegt weiteren Ankauf von Staatsanleihen

Jean Claude Trichet
Jean Claude Trichet(c) AP (Yves Logghe)
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Dass die Europäischen Zentralbank ihren Anleihenkauf fortsetzt, galt im Vorfeld ihrer Sitzung am Donnerstag als wahrscheinlich. Auch Belgien wird nun als Krisenkandidat gehandelt. Die Situation ist angespannt.

Wien. Nicht nur was Jean-Claude Trichet sagt, ist Gold wert – sondern auch, was er nicht sagt. So angespannt ist die Situation in der Eurozone, dass ein „No comment“ des Präsidenten der Europäischen Zentralbank bereits ausreicht, um ihn in die Schlagzeilen zu katapultieren: Er wolle die Zukunft des EZB-Programms zum Ankauf von Anleihen derzeit nicht kommentieren, sagte er am Dienstag im Europaparlament. Das sicherte ihm eine Titelgeschichte in der „Financial Times Online“: Trichet denke offenbar über eine intensive Ausweitung des Programms nach.

Am heutigen Donnerstag kommt die EZB zu ihrer monatlichen Sitzung zusammen. Im Vorfeld verdichten sich die Spekulationen weit mehr als gewohnt. Eine Anhebung der Leitzinsen ist de facto ausgeschlossen – mit dem nächsten Zinsschritt wird erst gegen Ende 2011 gerechnet.

Dass die Anleihenkäufe der EZB fortgesetzt werden, gilt hingegen als wahrscheinlich. Darauf deuten auch Trichets Worte hin: Unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen seien in Zeiten gerechtfertigt, in denen das Funktionieren der Märkte beeinträchtigt ist. Bislang hat die EZB Staatsanleihen im Umfang von 67 Mrd. Euro aus dem Markt gekauft.

Portugal: Anleihe teuer platziert

„Das wirklich Interessante ist, was die EZB zur Eurokrise sagen wird. Und wie sie zu dem Vorschlag steht, den Rettungsschirm zu verdoppeln“, sagt Martin Hüfner, ehemaliger Chefvolkswirt der deutschen Hypovereinsbank. Der Vorschlag kam von Ökonomen, nach einem Vorstoß des deutschen Bundesbankchefs Axel Weber: Wenn der Euroschirm nicht ausreicht, könnte er aufgestockt werden, sagte dieser vor einer Woche.

Die Krise in Portugal und Spanien schürt die Sorge, die 750 Mrd. Euro könnten zu wenig sein. Die Volkswirtschaften der beiden Länder sind eng miteinander verflochten. Portugal wird als das nächste Land gehandelt, dass unter den Schutzschirm flüchten muss. Auch wenn es den jüngsten Test bestanden hat: Am gestrigen Mittwoch platzierte Portugal Staatsanleihen im Umfang von 500 Mio. Euro. Die Nachfrage überstieg das Angebot um mehr als das Doppelte.

Allerdings muss Portugal wesentlich höhere Zinsen zahlen als bei der letzten Anleihenauktion – ein Indiz, dass das Vertrauen der Anleger in die Finanzkraft des Landes gesunken ist. Die Ratingagentur Standard & Poor's erwägt, dem hoch verschuldeten Land sein A-Rating zu entziehen.

Wackelt Belgien?

Aber die Augen sind längst nicht mehr nur auf die Peripherie gerichtet: Belgien, eines der EU-Gründerländer, wird bereits als nächstes Sorgenkind gehandelt. Die Europäische Kommission schätzt, dass die Staatsverschuldung Belgiens 2012 auf über hundert Prozent der Wirtschaftsleistung steigen wird. Die Neuverschuldung ist zum Vorjahr gesunken, kratzt aber immer noch an der Fünf-Prozent-Marke.

Belgien spielt zwar der Aufschwung des Nachbarlandes Deutschland in die Hände, und auch der Bankensektor ist von irischen Zuständen weit entfernt. Das Wirtschaftswachstum wird in den kommenden zwei Jahren bei jeweils rund zwei Prozent liegen.

Es ist vielmehr die politische Lage, die den Zweifel der Investoren nährt: Das Land hat seit den Wahlen im Juli keine stabile Regierung. In Brüssel führt seitdem eine Übergangsregierung die Geschäfte. Der jüngste Haushalt hat es zwar durch das Parlament geschafft – nun muss aber eine Regierung her, die die Sparmaßnahmen umsetzt. Das Land leidet außerdem unter dem Konflikt zwischen den niederländisch sprechenden Flamen und den französischsprachigen Wallonen.

Die OECD bezeichnet die anhaltenden politischen Unsicherheiten in ihrem aktuellen Wirtschaftsausblick als „das größte Abwärtsrisiko“ für das Land.

Ist Belgien der nächste Wackelkandidat? „Davon kann überhaupt keine Rede sein“, sagt Österreichs Handelsdelegierter in Brüssel, Peter Fuchs. Die belgische Wirtschaft wachse, das private Geldvermögen liege bei über 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die politische Instabilität sei „stark überzeichnet“, sagt Fuchs. „Es ist richtig, dass die Regierung Sparmaßnahmen treffen muss. Aber Belgien ist genauso stabil wie Österreich.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2010)

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