Eurokrise führt nun auch in Italien zu Nervosität

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Kein Geringerer als Silvio Berlusconis rechte Hand, sein als besonnen geltender Staatssekretär Gianni Letta, zeigte sich besorgt, dass ein Angriff auf den Euro auch Italien in einen Abwärtsstrudel ziehen könne.

Rom. Italiens rechtskonservative Regierung hielt bisher eisern an einem Credo fest: Die drittgrößte Volkswirtschaft des Euroraumes ist trotz ihrer immensen Schuldenlast nicht gefährdet, sich mit dem Griechenland-Virus zu infizieren. In dieser Woche aber äußerten hochrangige Politiker angesichts der Nervosität auf den Finanzmärkten zum ersten Mal die Befürchtung, dass sich das ändern könnte.

Kein Geringerer als Silvio Berlusconis rechte Hand, sein als besonnen geltender Staatssekretär Gianni Letta, zeigte sich besorgt, dass ein Angriff auf den Euro auch Italien in einen Abwärtsstrudel ziehen könne, wenn schon Länder wie Portugal und Spanien gefährdet seien. Finanzminister Giulio Tremonti widersprach zwar vehement. Italiens Banken- und Finanzsystem seien nach wie vor stabil. Intern soll er sich jedoch ebenfalls besorgt gezeigt haben.

Zusätzlich angeheizt werden solche Befürchtungen durch die politische Krise. Am 14. Dezember stellt sich der Ministerpräsident einer Vertrauensabstimmung im Parlament, deren Ausgang völlig ungewiss ist. Sollte es zum Sturz der Regierung kommen, wäre das seit Monaten politisch paralysierte Land noch verwundbarer.

Ausgelöst wurde Lettas Warnung durch die Anfang der Woche rapide gestiegenen Risikoaufschläge für Staatsanleihen. Sie kletterten am Dienstag kurzzeitig auf 220 Basispunkte, den höchsten Wert seit der Euro-Einführung. Seit Mittwoch hat sich die Lage zwar wieder leicht beruhigt, doch die Einschätzung von Analysten weltweit war einhellig: Sollten so große Länder wie Spanien oder Italien unter Druck geraten, wäre kein EU-Rettungsschirm groß genug.

Bankensystem bisher stabil

Zu den sogenannten PIGS-Staaten gezählt zu werden hat in Italien bisher stets Empörung ausgelöst. Das Land sei von den Auswirkungen der Finanzkrise weniger betroffen als andere europäische Länder, wiederholt Berlusconi seit Ausbruch der Krise vor zwei Jahren. Tatsächlich ist Italiens Bankensystem bisher so gut wie unbeschadet durch die Krise gekommen, keine Bank musste mit milliardenschweren Staatshilfen gerettet werden. Und auch größere soziale Unruhen blieben bisher aus, obwohl vor allem der Mittelstand unter der Krise ächzt und Tremonti ein rigides Sparprogramm verordnet hat, um das Haushaltsdefizit bis zum Jahr 2013 auf drei Prozent zu drosseln. Mit voraussichtlich fünf Prozent liegt es heuer zwar über den Maastricht-Kriterien, aber unter dem EU-Durchschnitt.

Doch Italiens Wirtschaft stagniert seit Jahren, das Land ist reformresistent und sitzt auf einem Schuldenberg von 1800 Mrd. Euro, das entspricht 116 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Statistisch gesehen ist jeder Italiener mit 30.000 Euro verschuldet. Und anders als früher werden die Staatsschulden heute fast zur Hälfte aus dem Ausland finanziert. Bei einer Panik auf den Märkten wäre Italien deshalb keineswegs immun.

Auf einen Blick

Italien wird von Analysten schon längst als ein möglicher Kandidat für eine Rettung durch andere Euroländer angesehen. Von Rom wurde das bisher immer zurückgewiesen.
Nun wird aber auch Italiens Politik nervös.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2010)

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