Island fährt mit der Krisenstrategie besser als Irland

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Skandinavier ließen ihre Banken pleitegehen, das führte zwar zu einer großen Rezession, aber auch zur Chance auf einen baldigen Neuanfang. Die Isländer haben einen radikaleren, schnelleren Weg eingeschlagen.

Reykjavik/Bloomberg. Während die Eurozone nach der Rettungsaktion für Irland nun gebannt auf mögliche weitere Pleitekandidaten starrt, hat Island diese Phase schon längst hinter sich. Die Isländer haben dabei auch einen radikaleren aber schnelleren Weg eingeschlagen, um die Krise zu lösen. So zwang das Land vor zwei Jahren die Anleihegläubiger, einen Teil der Verluste nach dem Kollaps des Bankensystems zu schultern. Dadurch kommen auf den isländischen Steuerzahler auch geringere Schulden zu als auf die Iren.

Das isländische Haushaltsdefizit wird sich nach Schätzungen der Europäischen Kommission heuer auf 6,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts belaufen und bis 2012 verschwinden, verglichen mit einem Haushaltsloch von aktuell 32 Prozent in Irland. Dort ist die vom Staat 2008 abgegebene Garantie für das Finanzsystem in diesem Jahr nach hinten losgegangen, als die Banken am Rande der Insolvenz standen.

„Der Unterschied liegt darin, dass wir in Island Pleiten der Banken zugelassen haben“, sagt der isländische Präsident Olafur R. Grimsson. „Es handelte sich um privatwirtschaftliche Banken und wir haben kein Geld in sie gepumpt, um sie am Leben zu erhalten. Der Staat sollte die Verantwortung für die gestrauchelten privaten Banken nicht übernehmen.“

Isländische Krone wertete ab

Der Banken-Crash führte in Island in der Folge zwar zu einer scharfen Rezession, die auch im kommenden Jahr noch anhalten dürfte. Da das Land jedoch nicht Teil der Eurozone ist, konnte es seine Landeswährung Krone gegenüber dem US-Dollar seit September 2008 um 28 Prozent abwerten. Das hilft den isländischen Exporteuren und dürfte dazu beitragen, dass die Wirtschaft schneller wieder ins Gleichgewicht kommt als etwa in Irland.

Der isländische Aktienindex OMX hat dieses Jahr 17 Prozent zugelegt, das dritthöchste Plus in Europa nach Dänemark und Schweden. Island könnte ein Beispiel dafür sein, wie man sich selbst über eine Insolvenz saniert, meinte zuletzt auch der US-Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman.

Sowohl Irland als auch Island wiesen zwischen 2005 und 2007 Wachstumsraten von mehr als fünf Prozent auf, als sie ihre Wirtschaft internationalen Investoren öffneten. Beide erlagen dann einem überhitzten Finanzsektor, der größer wurde als ihre Volkswirtschaft. Island hatte aber keine andere Wahl, als die Banken pleitegehen zu lassen. Vor ihrem Kollaps hatten diese Schulden in Höhe des Zehnfachen des isländischen BIPs von zwölf Mrd. Dollar (neun Mrd. Euro) angehäuft. „Es stellte sich nicht die Frage, ob wir die Banken retten. Sie waren viel zu groß“, so Finanzminister Steingrimur Sigfusson.

Die Rezession dürfte 2010 in Island noch schärfer ausfallen als in Irland. Allerdings dürften die Nordeuropäer das Euromitgliedsland bereits 2012 wieder überholen, schrieb die OECD jüngst in einer Studie. Laut EU-Schätzungen soll Island bis 2012 wieder einen Haushaltsüberschuss aufweisen, verglichen mit einem Defizit von 9,1 Prozent des BIPs in Irland. Auch die Arbeitslosenquote werde im kommenden Jahr in Irland mit 13,6 Prozent deutlich über jener Islands mit 8,1 Prozent liegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2010)

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