Madoff-Klagsflut aus den USA: Banken lenken ein

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Die Klage von Madoffs Masseverwalter gegen Bank Austria und Bank Medici dürfte kaum vor Gericht verhandelt werden. UBP erklärte sich in der Vorwoche bereit, den Madoff-Geschädigten 500 Mio. Dollar zu zahlen.

Wien. 19,6 Mrd. Dollar fordert der Madoff-Masseverwalter Irving Picard: von der Bank Austria, von deren Besitzerin Unicredit, von der inzwischen geschlossenen Bank Medici und von deren Eigentümerin Sonja Kohn. Dass er so viel Geld bekommen wird, ist unwahrscheinlich. Es dürfte alles auf einen Vergleich hinauslaufen. Um einen dreistelligen Millionenbetrag werden die von Picard ins Visier Genommenen aber nur schwer herumkommen.

Der New Yorker Anwalt klagte in den vergangenen Wochen zahlreiche Institute und Investoren. Einige von ihnen lenkten bereits ein. Am Wochenende hatte Picard der Familie des US-Unternehmers Carl Shapiro 625 Mio. Dollar (471 Mio. Euro) abgerungen. Shapiro gehörte in den USA zu den größten Nutznießern des von Bernard Madoff betriebenen Schneeballsystems. Er zog einen großen Teil seiner Gelder noch vor Auffliegen des Betruges ab. Laut Picard soll er auf diese Weise mehr als eine Milliarde Dollar verdient haben.

Auch die Schweizer Privatbank UBP erklärte sich in der Vorwoche bereit, den Madoff-Geschädigten 500 Mio. Dollar zu zahlen. Picard hatte zuvor gedroht, die UBP vor Gericht zu zerren. Das Schweizer Institut hatte im großen Stil Madoff-Fonds verkauft. Sie bestreitet jegliches Fehlverhalten. Mit dem Vergleich wolle man das Kapitel abschließen, sagte ein Sprecher der Bank. Dem Vernehmen nach wollte Picard die Schweizer auf über eine Mrd. Dollar verklagen.

In Summe trieb der Madoff-Verwalter bislang mehr als drei Mrd. Dollar auf. Auch die spanische Banco Santander hat außergerichtlich die Geldbörse gezückt und wird 235 Mio. Euro überweisen. Picard geht auch gegen die Institute HSBC, JP Morgan, UBS und Citigroup vor.

Er wirft den Banken vor, im Zuge der Geschäftsverbindungen mit Madoff Warnsignale ignoriert und durch hohe Provisionen von dem System profitiert zu haben.

Wiener Informanten helfen Picard

Die vergangene Woche eingereichte Milliardenklage dürfte die Wiener Hochfinanz jedenfalls ins Schwitzen bringen. Picards Kanzlei Baker Hostetler bereitete die Schrift monatelang akribisch vor. Dabei recherchierten die New Yorker Staranwälte intensiv in Wien. Eine Juristin ließ sich drei Monate lang vor Ort nieder. Sie bekam dem Vernehmen nach zahlreiche Dokumente aus der österreichischen Finanzszene zugespielt.

Nicht zuletzt deshalb sei es Picard gelungen, die betroffenen Institute zu verunsichern. Ein Informant, der mit Picards Anwälten in Kontakt steht, sagte zur „Presse“, die Bank Austria und Unicredit würden keinesfalls wollen, dass der Fall vor Gericht verhandelt wird – zu viele unangenehme Details würden publik werden.

Tatsächlich werden nach amerikanischem Recht mehr Details einer Verhandlung veröffentlicht als in Österreich. Ein großer Teil der eingebrachten Unterlagen kann im Internet von jedermann abgerufen werden. Zumeist ist den beteiligten Parteien eine intensive Berichterstattung sicher.

Alle genannten Institute sowie Sonja Kohn bestreiten die Vorwürfe. Man habe von dem Schwindel Madoffs nichts gewusst und sei selbst Opfer. Ob man einen Vergleich anstrebe, beantwortet die Bank Austria am Montag indirekt so: „Wir werden auf dem normalen Rechtsweg vorgehen.“

Neben den US-Behörden ermittelt auch die österreichische Justiz gegen die Bank Austria und Sonja Kohn. Die Erhebungen würden sich aber etwas verzögern, da man auf Unterlagen aus Luxemburg und den USA warte, sagte ein Sprecher der Wiener Staatsanwaltschaft. Die Finanzmarktaufsicht hatte die Bank Austria angezeigt, weil sie bei den Primeo-Fonds gegen das Investmentfondsgesetz verstoßen habe. Denn die Kundengelder seien bei Madoff gelandet. Dies sei im Prospekt aber nicht vermerkt gewesen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2010)

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