Papst nimmt Vatikanbank an die Kandare

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Nach etlichen Finanzskandalen und Verdachtsfällen übernimmt der Vatikan nun in einer Gesetzesreform rigoros die internationalen Bestimmungen gegen Geldwäsche. Die Kirchenbank IOR verliert ihren Sonderstatus.

Rom. Seit mehr als drei Monaten muss der Vatikan auf 2 3 Mio.Euro verzichten: Das Geld gehört der Kirchenbank IOR, aber die italienische Staatsanwaltschaft hat es beschlagnahmt, weil der Vatikan im Zuge einer Überweisung den internationalen Meldepflichten über Herkunft und Zweck des Geldes nicht nachgekommen ist. Die persönliche Vorsprache von IOR-Chef Ettore Gotti Tedeschi bei der Staatsanwaltschaft hat nicht geholfen: Die italienische Justiz rückt die Millionen nicht heraus. Es könnte sich ja, meint sie, um Geldwäsche handeln.

Die Sache, allein schon der Verdacht, ist für die katholische Kirche dermaßen peinlich geworden, dass Papst BenediktXVI. nun gehandelt hat. So wie er in der ersten Jahreshälfte rigoros gegenüber dem Kindesmissbrauch durch Kleriker durchgegriffen hat, so verordnet er am Ende dieses turbulenten Jahres auch dem Finanzgebaren des Vatikans die moralische Sauberkeit. In einer radikalen historischen Gesetzesreform verzichtet er auf eine Sonderrolle der Kirche und übernimmt für den Vatikanstaat die internationalen Regeln „zur Bekämpfung der Geldwäsche und des Terrorismus“.

Eigens dafür hat der Papst nun eine vatikanische Finanzaufsichtsbehörde (AIF) aus der Taufe gehoben. Er ernennt zwar ihre fünf Mitglieder, die Behörde soll aber unabhängig arbeiten. Struktur, Kompetenzen und Aufgaben der AIF sind zusammen mit der EU und der Europäischen Zentralbank ausgehandelt worden.

Schwarzgelder im Vatikan?

Das neue Gesetz gilt von 1. April 2011 an nicht nur für die „Ministerien“ der römischen Kurie, sondern auch für alle anderen religiösen Einrichtungen, die vom Heiligen Stuhl abhängig sind. Wer seine Prüf- und Meldepflichten hinsichtlich Bargeldgeschäften oder Finanztransaktionen von mehr als 15.000 Euro vernachlässigt; wer Erträge aus illegalen oder gar verbrecherischen Aktivitäten über die Vatikanbank weiß waschen will; wer auf diese Weise gar den „gesellschafts-zerstörerischen internationalen Terrorismus“ unterstützen will, muss künftig auch im Vatikan mit Geldstrafen und sogar mit bis zu 15Jahren Haft rechnen.

In das Strafgesetzbuch fügt der Papst in diesem Zusammenhang auch Delikte ein, die der Vatikan bisher nur vom Hörensagen kannte: Insidergeschäfte, Schmuggel, Menschen- und Drogenhandel.

Das hat erhebliche Bedeutung, sowohl lokal als auch weltweit. Zum einen laufen in Rom Ermittlungen gegen kirchennahe Bauunternehmer und Koordinatoren staatlicher Bauaufträge, die im Vatikan womöglich etliche Millionen Euro an Schwarz- oder Bestechungsgeld verschwinden haben lassen. Die Kirchenbank IOR hat den italienischen Steuerfahndern bei den Ermittlungen bisher nicht geholfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.12.2010)

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