"Mein Beileid": Krugman bedauert Estlands Euro-Beitritt

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ESTONIA EURO(c) EPA (Valda Kalnina)
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Als erste ehemalige Sowjetrepublik tritt Estland der Euro-Zone bei. US-Ökonom Paul Krugman sieht das kritisch.

Inmitten der Schuldenkrise in Europa führt Estland mit großen Hoffnungen auf wirtschaftliche Verbesserungen den Euro ein. "Das ist ein kleiner Schritt für die Euro-Zone, aber ein großer Schritt für Estland", sagte Ministerpräsident Andrus Ansip am Neujahrstag in der Hauptstadt Tallinn, wo er als erster Este Euro-Geldscheine statt Kronen aus einem Automaten zog.

Estland ist das dritte unter den neuen ost- und zentraleuropäischen Mitgliedern der Europäischen Union mit der Gemeinschaftswährung. Zuvor hatten Slowenien und die Slowakei dieses Ziel erreicht. Es gebe keine Schwierigkeiten bei der Umstellung, teilte die Zentralbank am Samstag in der Hauptstadt Tallinn mit. Viele Menschen befürchten allerdings einen weiteren Preisanstieg.

Erste Ex-Sowjetrepublik in Euro-Zone

Um Mitternacht wurde das baltische Land mit 1,3 Millionen Bürgern, das der EU seit 2004 angehört, zum Euro-Land - als erste frühere Sowjetrepublik. Insgesamt leben nun in der Eurozone 330 Millionen Menschen. Die Staats- und Regierungschefs hatten bei einem Gipfel im Juni in Brüssel endgültig Grünes Licht für die Einführung der EU-Währung in Estland gegeben.

Estland erfüllt im Gegensatz zu seinen Nachbarn Lettland und Litauen die Beitrittsbedingungen mit einem annähernd ausgeglichenen Staatsbudget und geringen öffentlichen Schulden. Die Teuerungsrate allerdings hat zuletzt kräftig angezogen und liegt mit fünf Prozent im EU-Vergleich hoch. Schon 2007 hätten die Esten um ein Haar den Beitritt zum Euro geschafft, scheiterten aber hauchdünn an der zu hohen Inflation.

"Starkes Signal für Attraktivität des Euro"

In der Euro-Krise, die Rettungsaktionen für wackelnde Euro-Länder wie Griechenland und Irland notwendig machte, sind Staaten mit stabiler Budgetpolitik in der EU willkommen. "Der Eintritt Estlands in den Euroraum ist ein starkes Signal für die Attraktivität des Euro und die Stabilität, die dieser den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bringt", sagte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso.

Andere Staaten Mittelosteuropas, etwa Polen und Ungarn, werden ihre Währungen hingegen nicht so schnell gegen den Euro tauschen. Sie sind angesichts der Turbulenzen rund um die Schuldenkrise skeptisch geworden, ob ein Beitritt ihnen viele Vorteile bringt.

"Das letzte Ticket für die Titanic"

"Wir sind stolz, Mitglied der Euro-Zone zu sein", sagte Ansip. Bereits am Freitag war die bevorstehende Einführung im Land groß gefeiert worden. Estland hofft, durch den Beitritt mehr ausländische Investoren anzulocken und den Handel zu stärken. Die Furcht vor einer Abwertung des Geldes soll schwinden und die Aufnahme von Krediten für die Bürger kalkulierbarer werden.

Unumstritten ist der Beitritt im Land nicht. Kritiker erklärten, Estland löse "das letzte Ticket für die Titanic". Der Wirtschaftsexperte und Nobelpreisträger Paul Krugman schrieb in seinem Blog, der Schritt sei zwar ein Symbol für Estlands Wandel von einer ehemaligen Sowjet-Provinz zu einem guten Bürger Europas. Die Kosten für die Wirtschaft seien aber hoch. "Von daher - Glückwünsche, aber zugleich auch mein Beileid."

"In Euro-Zone passieren dramatische Dinge"

In Polen bekräftigte Notenbank-Chef Marek Belka seine Skepsis. "In der Euro-Zone passieren dramatische Dinge - warum also sollen wir uns beeilen", sagte er der Zeitung "Super Express". Sein Land werde erst beitreten, wenn es wieder "Ordnung" in der Euro-Zone gebe. Tschechiens Ministerpräsident Petr Necas hatte zuletzt bekräftigt, auf absehbare Zeit bringe der Euro seinem Land keine Vorteile.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich hingegen in ihrer Neujahrsansprache für die Gemeinschaftswährung stark gemacht. "Der Euro ist die Grundlage unseres Wohlstands", sagt sie. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy erklärte, er wolle sich mit ganzer Kraft für den Erhalt der Gemeinschaftswährung einsetzen. "Der Untergang des Euro wäre das Ende Europas." Der slowakische Präsident Ivan Gasparovic wandte sich in seiner Neujahrsansprache entschieden gegen Versuche, die Mitgliedschaft seines Landes in der EU und in der Eurozone infrage zu stellen. "Die Mitgliedschaft in der Eurozone hat die Position der Slowakei in der EU stabilisiert und den Zufluss von Investitionen aus dem Ausland ermöglicht", betonte Gasparovic.

(Ag.)

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