Euroraum: Der Süden erwacht zum Leben

(c) EPA (Karl-Josef Hildenbrand)
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Aktuelle Wirtschaftsdaten lassen für 2011 vorsichtig hoffen. Die Industrie gewinnt in Spanien und Italien spürbar an Fahrt. Ein Grund dafür sind die Sparkurse der Regierungen. Nur Griechenland hinkt hinterher.

Wien. Deutschlands führende Wirtschaftspolitiker sind dieser Tage ziemlich uneins. Finanzminister Wolfgang Schäuble kann sich eine „enge politische Union“ der Eurostaaten durchaus vorstellen. Auch eine gemeinsame Wirtschaftsregierung schließt er nicht aus. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle sieht diese Idee „äußerst skeptisch“. Und für Peter Friedrich, Chef der CSU-Landesgruppe, wäre ein solcher Schritt „mit Sicherheit ein Fehlschlag“.

Nur in einem Punkt sind sie sich alle einig: Eine europäische Staatsanleihe soll es keinesfalls geben. Das sei „ökonomischer Unsinn“, wie es Brüderle ausdrückte. Jene, die gut wirtschaften, müssten hohe Zinsen bezahlen, um jene zu schonen, die schlecht dastünden.

Tatsächlich wird die größte Volkswirtschaft Europas auch 2011 das ökonomische Zugpferd der EU bleiben. Der aktuelle Index der Einkaufsmanager – meist ein verlässlicher Maßstab zur kurzfristigen Wirtschaftsentwicklung – weist Deutschland mit einem Wert von 60,7 nach wie vor als Wachstumsmotor aus – eine Zahl von über 50 bedeutet ein Plus bei der Industrieproduktion. Doch glaubt man dem Deutschen Wirtschaftsforschungsinstitut (DIW), schwächt sich der Aufschwung schon 2012 deutlich ab (siehe Artikel nebenan).

Spanien bekämpft das Defizit

Der im vergangenen Jahr so schwer unter die Räder gekommene Süden könnte also wieder aufholen. Spanien verkündete am Dienstag erstmals seit sechs Monaten keine steigenden Arbeitslosenzahlen. Im Dezember waren 4,1 Millionen Spanier auf Jobsuche, genauso viele wie im November. Premier José Luis Zapatero ortet eine Kehrtwende. Ab Jänner werde die immens hohe Arbeitslosenrate von 19,8Prozent zurückgehen. Der Index der Einkaufsmanager deutet darauf hin. Er überschritt im Dezember die Wachstumsschwelle und steht bei 51,5Prozent.

„Das sind Zeichen der Erholung“, sagt Chris Williamson, der für die britische Firma Markit den Index herausgibt. Positiv sieht er den Sparkurs der spanischen Regierung, die das Budgetdefizit von neun Prozent bekämpfen will. Eine wichtige Hürde dafür wird Ende Jänner genommen werden. Das Pensionsantrittsalter steigt von 65 auf 67 Jahre. Die Opposition hat ihre Zustimmung signalisiert.

Nicht nur aus Spanien kommen gute Nachrichten. Italien kündigte diese Woche an, 2011 das Maastricht-Kriterium einer dreiprozentigen Neuverschuldung zu erfüllen. Grund seien unerwartet hohe Steuereinnahmen. Bei einer Schuldenquote von 116 Prozent des BIPs blieb ohnehin nicht mehr viel Zeit. Und auch die Finanzierung fällt Italien nach wie vor schwer. Vergangene Woche musste die Regierung die Zinsen für Staatsanleihen anheben, um Investoren zu finden. Trotzdem zeigt sich die Industrie optimistisch. Der Index der Einkaufsmanager stieg im Dezember von 52 auf 54,7.

Griechische Bank im Sinkflug

Einzig den Griechen trauen Anleger und Firmen nach wie vor nicht. Die Erwartungen gingen im Dezember erneut zurück. Griechenland ist der einzige europäische Staat mit einem entsprechenden Index von unter 50. Dazu kommt die Sorge um das viertgrößte Finanzinstitut des Landes. Die Aktie der Piraeus-Bank verlor am Dienstag mehr als zehn Prozent, nachdem das Institut überraschend eine Kapitalerhöhung ankündigt hatte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2011)

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